© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/02 25. Januar 2002 |
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Preußens Gloria Alexander Barti Am 18. Januar versammelte sich im Hotel Hilton am Gendarmenmarkt in Berlin eine illustre Gesellschaft. Wie seit einigen Jahren üblich, hatte die Preußische Gesellschaft zum Empfang gebeten. Und Hunderte kamen. Das Haus Hohenzollern war ebenso vertreten wie zahlreiche in- und ausländische Militärs und Botschafter, außerdem eine Vielzahl namenloser Preußen, die sich nicht damit abfinden wollen, daß ihr Land per schnödem Kontrollratsbeschluß 1947 aufgelöst wurde. Die Idee Preußen blieb trotzdem in all den Jahren virulent. Ein öffentlicher Diskurs wurde in der Regel mit negativen Vorzeichen geführt und erreichte seinen berüchtigten Höhepunkt mit dem Hinweis eines führenden Sozialdemokraten auf die Sekundärtugenden, die Preußen verkörpere und mit denen man auch ein KZ betreiben könne. Während damals die BRD-Elite betroffen Beifall klatschte, würde der dumme Spruch heute - in Zeiten des Pisa-Bildungsdesasters - nur Unverständnis ernten. Besonders vor diesem Hintergrund war der Besuch im Luxus-Hotel eine Offenbarung. Bei dem Phänomen der preußischen Restauration waren nicht die Fakten ergreifend, sondern dieses merkwürdige Echo aus den Tiefen des märkischen Sandes, das sich scheinbar ungebremst seinen Weg bahnt. Trotzdem im vergangenen Preußenjahr 2001 zum 300. Gründungsjubiläum viele differenzierte Beiträge zum Thema verfaßt wurden, staunt der im geschichtlichen Vakuum des westdeutschen Schulsystems sozialisiserte Zuschauer über die Selbstverständlichkeit dieser Veranstaltung. Als hätte es die jahrelange Umerziehung, die Warnungen vor den Anfängen, den Pesthauch des Militarismus nicht gegeben, traf man sich bei Rex-Pils, Häppchen und Zigarren, um gegen die Mißstände der Gegenwart zu zetern. Offizielle Begrüßungsformeln wie Seine Königliche Hoheit ... fielen ebenso selbstverständlich wie die Forderung nach einer selbstbewußten, deutschen Nation. Zudem konnte man noch hier und da Soldaten des Königs entdecken, die sich die Uniformen der Langen Kerls zurecht-geschneidert hatten. In Potsdam, wo im Sommer die regelmäßigen Paraden der Hobby-Soldaten ein (touristisches) Ereignis waren, wurden sie von selbsternannten Antifaschisten mit rohen Eiern vertrieben. Beim Preußen-Empfang bildeten sie die Ehrenwache. Und das alles mitten in Berlin, weder weiträumig abgeschirmt noch polizeilich gesichert, ohne Gegendemonstranten, ohne farbbeutelwerfende Neurotiker. |
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