© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/02 01. Februar 2002

 
Schill-Partei nimmt neue Bundesländer ins Visier
Parteien: Ausdehnung nach Mecklenburg-Vorpommern geglückt / Ost-SPD Mitgründer wechselt zum sächsischen Schill-Ableger
Peter Freitag

Neben Sachsen-Anhalt rückt die Partei Rechtsstaatlicher Offensive nun definitiv auch Mecklenburg-Vorpommern ins Visier für ihren Antritt zu einer weiteren Landtagswahl, so der dortige Koordinator Gerd Stachow. Die Chancen stehen für die insgesamt etwa 270 Schill-Anhänger im Nordosten, wo am 22. September zeitgleich zum Bundes- auch der Landtag gewählt wird, gar nicht so schlecht.

Die sogenannte „Sonntagsfrage“ von Infratest dimap ergab für die noch gar nicht landesweit konstituierte Partei immerhin schon einen Zustimmungswert von 5 Prozent. Mit diesen Aussichten konnten sich augenscheinlich jene unbekannten Täter nicht anfreunden, die die Geschäftsstelle der Partei in der Landeshauptstadt mit Parolen wie „Kill Schill“ beschmierten. Ende vergangener Woche gründete die Partei sowohl den Ortsverband Schwerin, dem Thomas Schott und Klaus-Dieter Bruns vorstehen, als auch den Kreisverband Güstrow, dessen Vorsitzender Wilhelm Fischer ist. In Güstrow wechselte außerdem der Kreistagsabgeordnete Wolfgang Wehrmann von der CDU zur Schill-Partei über.

Die Schill-Partei in Sachsen-Anhalt wird am kommenden Wochenende ihren Landesverband gründen und sich auf die Landtagswahl am 21. April einstimmen. In der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa (Stand: Mitte Januar) blieben die Werte für sie zwar noch unterhalb der Fünfprozent-Hürde, allerdings gaben 11 Prozent der Befragten an, daß sie „sich vorstellen könnten, die Partei Rechtsstaatlicher Offensive zu wählen“. Die Namen der möglichen Kandidaten für den Landesvorstand der Schill-Partei in Sachsen-Anhalt wollte die Magdeburger Geschäftsstelle auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT noch nicht mitteilen. Der für den Aufbau der Partei zuständige Koordinator Ulrich Marseille hatte letzte Woche in der Presse verlauten lassen, er wolle nicht für den Magdeburger Landtag kandidieren.

Im Freistaat Sachsen, so eine Emnid-Umfrage, würden immerhin 17 Prozent der Befragten bei der nächsten Landtagswahl für die Schill-Partei stimmen. Mit dem größten Zulauf könnte sie aus den Reihen ehemaliger CDU-Wähler rechnen (22 Prozent), aber auch mit zwölf Prozent derjenigen, die ihr Kreuz zuvor bei der PDS machten (von der SPD 11 Prozent). Darüber hinaus offenbarte sich der Leiter der Stabsstelle für Bürgeranliegen in der sächsischen Staatskanzlei, Karl-August Kamilli (57), als Mitglied der Partei Rechtsstaatlicher Offensive. Der im Wendejahr 1989 in der Leipziger Bürgerbewegung aktiv gewordene Mitbegründer der Ost-SPD Kamilli, der seine Genossen 1994 im Zorn verlassen hatte, war bereits im Sommer 2001 in die Schill-Partei eingetreten. Er sagte der Bild-Zeitung, es ginge ihm darum, „den Bürger gegenüber dem Staat zu stärken“. Auch der 1994 abgelöste CDU-Fraktionschef im Dresdner Landtag, Herbert Goliasch (64), will sich jetzt für die Schill-Partei in Sachsen engagieren.


 
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