© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/02 01. Februar 2002

 
Frisch gepreßt

Kirchenstaat. Es gibt Dissertationen, die erinnern an eine Matrioschka, da in ihnen unzählige weitere Doktorarbeiten stecken. So ein Werk hat der Berliner Historiker Veit Elm vorgelegt. Nicht nur, daß hier die Geschichte des Kirchenstaats bis in dröge ökonomische Details hinein geschrieben wird. Spannender ist die Analyse geschichtsphilosophischer Paradigmen, mit denen Historiker seit dem 18. Jahrhundert das Phänomen katholischer Staatlichkeit zu bewerten versuchen. Damit bietet Elm zugleich einen wichtigen Beitrag zur politischen Ideengeschichte, deren italienische Ausprägung er bis zu Julius Evola und Antonio Gramsci, und im Falle Amintore Fanfanis sogar bis in die Nähe aktueller EU-Frontverläufe verfolgt (Die Moderne und der Kirchenstaat. Duncker &Humblot, Berlin 2001, 317 Seiten, 72 Euro).

Werner Conze. Ein Buch, daß besser nicht terminiert werden konnte: Mitten hinein in den Streit um Hans Rothfels (in G&W dieser Ausgabe) fällt die wissenschaftshistorische Tübinger Dissertation von Thomas Etzemüller über einen seiner wirkungsmächtigsten Schüler, den Heidelberger Sozialhistoriker Werner Conze. Die Conze-Festschrift von 1976 läßt kaum einen der bekannten bundesdeutschen Historiker vermissen, von Hans Mommsen über Reinhart Koselleck bis zum „jungen“ Wolfgang Schieder. Mit dem von Conze geknüpften „Netzwerk“ der sozialgeschichtlich ausgerichteten westdeutschen Geschichtswissenschaft beschäftigt sich Etzemüller in seiner profunden Darstellung. Schade nur, daß er die Königsberger Ursprünge der „Rothfels-Gruppe“ ganz im Sinne der „Fahndungsberichte“ Götz Alys und Ingo Haars schildert (Sozialgeschichte als politische Geschichte. Werner Conze und die Neuorientierung der westdeutschen Geschichtswissenschaft, Oldenbourg Verlag, München 2001, 445 Seiten, 49,80 Euro).

Sachsen-Anhalt. Der erste Ministerpräsident Sachsen-Anhalts war kein Nachwendepolitiker, sondern der 1947 gewählte Erhard Hübener. Den Liberale, der bereits zuvor Landeshauptmann der preußischen Provinz Sachsen war, portraitieren der Magdeburger Historiker Mathias Tullner und sein Kollege Wilfried Lübeck und erörtern seine Vorstellung der politischen Gestaltung „Mitteldeutschlands“ (Erhard Hübener: Mitteldeutschland und Sachsen-Anhalt, Mitteldeutscher Verlag, Halle 2001, 378 Seiten, 18 Euro).


 
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