© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/02 08. Februar 2002

 
Erste Versprechungen werden umgesetzt
Dänemark: Mitte-Rechts-Kabinett fährt harten Kurs in der Ausländerpolitik / Förderung von Randgruppen beschnitten
Hans-Joachim von Leesen

Die neue dänische Mitte-Rechts-Regierung ist noch nicht einmal ein Vierteljahr im Amt, und schon zeigt sich, daß sie tatsächlich die Wahlversprechungen, mit denen sie einen so überraschend hohen Sieg errungen hat, wirklich in die politische Tat umsetzt. Nach jahrzehntelanger, sozialdemokratisch dominierter Regierungspolitik hatten die Wähler genug von Genossenfilz, Verschwendung von Staatsgeldern und der Bevorzugung von Randgruppen. Auch das übergroße Verständnis, das die regierenden Politiker und die Rechtsprechung für Kriminelle hatten, eine zu großzügige Einwanderungspolitik und die steuerliche Benachteiligung kleiner und mittlerer Wirtschaftsunternehmen verhalfen der rechtsliberalen Venstre und der Konservativen Volkspartei zum Wahlerfolg vom November 2001.

Große Aufregung herrschte daher in der linken „Reichshälfte“, als Premier Anders Fogh Rasmussen ankündigte, die Flut von Ausschüssen, Gremien, Räten und Sonderbeauftragten einzudämmen, die sich aus der staatlichen Steuerkasse finanzieren lassen. Es gibt davon 463, wie zum Beispiel den Kulturellen Entwicklungsfonds, dessen Vorstand 23 Millionen Kronen zu verwalten hat und sich als erstes ein Honorar von einer Million aussetzte.

Bei diesen Beratergremien von angeblichen oder wirklichen Experten handelt es sich in der Regel um Geschenke an politische Genossen, die den Haushalt erheblich belasten. Um das finanzielle Ziel der neuen Regierung durchzusetzen, nämlich im Haushalt 2002 sechs bis acht Milliarden Kronen (über eine Milliarde Euro) zu sparen, werden zunächst einmal 60 dieser Räte die staatlichen Zuschüsse gestrichen. Auch eine Reihe staatlicher Gesellschaften soll privatisiert werden. Zur Entlastung des Mittelstandes hat die dänische Regierung den kleinen und mittleren Unternehmen ein längeres Zahlungsziel für Steuerschulden eingeräumt. Ein Bündel weiterer entlastender Maßnahmen ist für dieses Jahr angekündigt.

Zwar beträgt der Ausländeranteil offiziell nur 4,9 Prozent, doch fürchten die fünf Millionen Dänen, daß bei einem unveränderten Zustrom aus den jetzt etwa 261.000 Ausländern in zwanzig Jahren 740.000 werden, und das ist entschieden zu viel. Besonders stößt sich die Mehrheit an der Ausbreitung des Islam. Darum wollen sie die Zuwanderung spürbar bremsen und statt dessen die Integration der jetzt im Land bereits lebenden Ausländer nicht nur in die dänische Gesellschaft, sondern auch in die dänische Kultur verstärken.

Die Königin, deren Ansprache zum Jahreswechsel von der ganzen Nation mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wird, verschließt sich dieser Realität nicht: „Wir müssen fest zu den Werten stehen, auf denen wir in Generationen unsere Gesellschaft aufgebaut haben, und Haltungen, die wir nicht teilen können, entgegentreten.“ Man dürfe die Augen nicht davor verschließen, daß die offene Gesellschaft der Dänen verwundbar sei; daher gelte es, wachsam zu sein. Zwar warnte Margrethe II. vor „extremen Standpunkten“, sie forderte aber auch dazu auf, die Augen nicht vor den Verhältnissen zu verschließen, die erst die Ursache für solche extreme Standpunkte liefern.

Für die bereits im Land befindlichen Ausländer sollen daher Arbeitsplätze geschaffen werden. Es müssen Wege gefunden werden, so der Ministerpräsident, um die übermäßige Inanspruchnahme des dänischen Sozialsystems durch Einwanderer einzuschränken. Zwar würden alle internationalen Asyl-Konventionen eingehalten, doch läßt man die bisher sehr großzügig angewendeten Maßnahmen für Asylbewerber und ihre Familien schrumpfen: So fällt der Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung fort. Asylbewerber sollen künftig keine Ferienreisen in ihr ehemaliges Heimatland mehr antreten können (was in Deutschland gang und gäbe ist); tun sie es dennoch, wird ihnen der Flüchtlingsstatus aberkannt.

Eine feste Aufenthaltsgenehmigung sollen Asylanten erst nach sieben Jahren Aufenthalt in Dänemark bekommen. Es wird schwieriger, dänischer Staatsbürger zu werden. Um ernst zu machen mit der Integration, will man durchsetzen, daß jedes ausländische Kind die dänische Sprache beherrscht, wenn es eingeschult wird. Während die Konservativen verlangen, daß Ausländerkinder gezwungen werden sollen, vor der Einschulung ein Jahr lang in einem Kindergarten dänisch zu lernen, will Rasmussens Venstre das zunächst auf freiwilliger Basis durchsetzen. Erst ab 24 Jahren gibt es einen Rechtsanspruch darauf, einen ausländischen Ehepartner ins Land zu holen. Zudem ist beim Staat dann eine Sicherheit von 50.000 Kronen (etwa 6.700 Euro) zu hinterlegen. Wer Wohlfahrtsleistungen in Anspruch nimmt oder bis zu einer bestimmten Frist erhalten hat, bekommt prinzipiell keine Zuzugsgenehmigung.

Als der für diese Themen zuständige Integrationsminister Bertel Haarder, der aus einer betont nationalbewußten dänischen Familie des dänischen Grenzlandes stammt, dieses Paket der ausländischen Presse vorstellte, gab es heftige Kritik. Doch Haarder entgegnete: „Untersucht, wie die Verhältnisse in eurem eigenen Land sind. Ich wette eine Kiste Bier, daß eure Länder weniger an sozialen Leistungen für Flüchtlinge und Einwanderer geben als Dänemark!“ Im dänischen Parlament gibt es weniger Widerstand: bei diesem Thema kann die Minderheitsregierung auf die Unterstützung der rechten Dänischen Volkspartei (DF) von Pia Kjærsgaard bauen.

Doch auch andere Utopien stehen jetzt auf dem Prüfstand: so der seit Jahrzehnten in Kopenhagen etablierte rechtsfreie Raum der früheren Hippie-Kommune „Christiania“, ein Gegenstück etwa zur früheren Hamburger Hafenstraße oder zur heutigen „Roten Flora“. Einst waren es „Blumenkinder“, die sich hier tummelten - heute ist es überwiegend die Rauschgiftszene. Mitte Januar bestellte Verteidigungsminister Svend Aage Jensby die „Christiania-Kontaktgruppe“ zu sich und teilte ihr mit, sie hätte bis zum Mittag des nächsten Tages ein Konzept vorzulegen, wie sie die steigende Kriminalität in Christiania in den Griff kriegen will. Andernfalls würde er Bulldozer einsetzen, um die Gebäude, vor allem das ohne Baugenehmigung errichtete Haus, das Zentrum des Rauschgifthandels ist, platt zu walzen. Die Öffentlichkeit war zunächst sprachlos. Der 61jährige Rechtsliberale ließ erkennen, daß er es ernst meint. Am nächsten Tag lag tatsächlich ein wenn auch zunächst mickeriger Plan der Vertreter von Christiania vor. Als er erklärte, das genüge ihm nicht, gingen sie in die Knie. Sie reißen nun das illegal errichtete Haus, den Hauptumschlagplatz für Drogen, selbst ab und wollen sich auch ansonsten bemühen, die Kriminalität einzudämmen.

Auch die Entwicklungs- und Umwelthilfe für arme Länder wird ab diesem Jahr erheblich gekürzt. Finanzminister Thor Pedersen versprach, daß die eingesparten Gelder der dänischen Bevölkerung durch zusätzliche Mittel bei der Altenversorgung und im Gesundheitswesen zu Gute kommen: „Damit erfüllen wir unser Wahlversprechen, öffentliche Ausgaben so zu kanalisieren, daß sie unserer Bevölkerung mehr und direkter nützen als in der Vergangenheit.“


 
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