© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/02 15. Februar 2002

 
Zur Fahndung ausgeschrieben
Interview: Der Publizist und Beamte im Bundesverkehrsministerium Josef Schüßlburner ist Ziel eines Feldzuges von PDS und Antifa
Moritz Schwarz

Herr Schüßlburner, der PDS-Bundestagsabgeordnete Carsten Hübner hat die Bundesregierung aufgefordert, Sie aus dem Verkehr, genauer aus dem Bundesverkehrsministerium zu ziehen, wo Sie als Regierungsdirektor beschäftigt sind. Was genau wird Ihnen vorgeworfen?

Schüßlburner: Wenn man sich die Schärfe vergegenwärtigt, mit der ich von kommunistischer, pseudoliberaler Seite und aus dem VS-Umfeld angegriffen werde, könnte man sich fragen, ob ich wie einst Bundesaußenminister Fischer auf deutsche Polizisten eingeschlagen oder vielleicht für den Genozidler Pol Pot Geld gesammelt habe, wie einst der nun im Beraterstab des Auswärtigen Amts beschäftigte „Joscha“ Schmierer als Chef des Kommunistischen Bund Westdeutschland, oder ob ich einen vertraulichen Brief an einen wegen Todschlags ob der Mauertoten verurteilten SED-Genossen geschrieben habe, wie der jetzige Bundeskanzler Schröder. Nichts von alledem. Was der genannte PDS-„Menschenrechtsexperte“ anstößig findet, ist, daß ich von meinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht, dabei allerdings in sogenannte falschen Blättern, unter anderen in der JUNGEN FREIHEIT, Auffassungen geäußert habe, die dem etablierten Linksextremismus und VS-„Liberalismus“ nicht gefallen, zum Beispiel, daß Hitlers Antisemitismus primär in einer sozialistischen Tradition stünde.

Mit welchen Argumenten ist man Ihnen entgegengetreten?

Schüßlburner: Für Argumente scheinen bestimmte Kreise, die sich für „anständig“ halten, viel zu unzugänglich zu sein, um dies vornehm auszudrücken. Die verstehen im Hinblick auf politische Richtungen, die außerhalb des beschränkten Christiansen-Pluralismus angesiedelt sind, wo die PDS bereits als Pendant der CSU gilt, nur etwas von ideologischen Verfolgungsmaßnahmen und Hetzjagden. Den Anfang damit machte ein Blatt mit dem bezeichnenden Namen Max. Der vermutliche Verfasser, sozusagen der „Moritz“ des Artikels ist Stammautor der Antifa-Postille blick nach rechts und Vertreter der Grotewohl-Tendenzen innerhalb der SPD, Gernot Modery alias „Anton Mägerle“. Es handelt sich um einen reinen Agitationsartikel gegen mich, was schon die gewählte Diktion verrät, bereits in der Inhaltsangabe werde ich als „Bodewigs brauner Beamter“ beschimpft. Nach der Parole der selbsternannten „Anständigen“, nämlich „Gesicht zeigen“, bin ich mit einem Photo, zu dessen Veröffentlichung juristisch meine Einwilligung erforderlich gewesen wäre und das aus einer früheren Ausgabe der Zeitschrift Criticon entnommen ist, mit der Anmerkung „ungebremst“ versehen, zur zivilgesellschaftlichen Fahndung ausgeschrieben worden. Die Intention ist offensichtlich: Es geht darum, mich mit Hilfe des Dienstherrn zu „bremsen“, also den Verfassungsgrundsätzen der weltanschaulichen Neutralität und des beamtenrechtlichen Leistungsprinzips zuwider politisch zu diskriminieren.

Wie wird dies begründet?

Schüßlburner: Rein ideologisch, mit ein paar aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten aus Zweit- und Drittquellen, wie etwa der Ausdruck „heldenhaft kämpfende deutsche Soldaten“, ein Begriff, der natürlich für Sowjetpartisanen reserviert bleiben muß. Vor allem wollen mir Maxisten und Marxisten nachträglich vorschreiben, wo ich etwas veröffentliche und vor welchem Publikum ich meine Auffassungen vortragen darf.

Werden Sie juristisch dagegen vorgehen?

Schüßlburner:Dies ist mir eigentlich zuwider, zumal ich bestimmte Kreise, die aber leider über mehr Macht verfügen und die Diffamierungskompetenz haben, intellektuell gar nicht für satisfaktionsfähig halte. Im Interesse der Verfassungsordnung habe ich mich aber durchgerungen, bei der Staatsanwaltschaft Hamburg Strafanzeige und Strafantrag gegen Max und den Verfasser des besagten Artikels zu stellen. Wichtig ist dabei vor allem der Tatbestand „Versuch der politischen Verdächtigung“ gemäß Paragraph 241a, Absatz 3 des Strafgesetzbuches. Gewisse Kreise stellen sich nämlich offenbar vor, daß die Bundesrepublik bereits ähnlich funktioniert wie das DDR-Unrechtsregime: Man verdächtigt jemanden durch aus dem Zusammenhang gerissene Zitate, Unterschieben einer sogenannten latenten Einstellung und Assoziationsketten als Anhänger des Nationalsozialismus und fordert amtliche Stellen wie den Dienstherrn zur Verletzung fundamentalen Verfassungsrechts auf. Sollte die Justiz bei derartigen Fällen das Vorliegen des zitierten Straftatbestands im subjektiven Bereich annehmen, gäbe es damit ein probates Mittel, dem Abgleiten eines ideologisch verstandenen „Verfassungsschutzes“ in eine antifaschistisch-demokratische Neuordnung im Sinne der DDR-Gründungsphase durch Strafanzeige entgegenzutreten. Insofern lohnt der Versuch einer Strafanzeige.

Besteht ein Zusammenhang mit der kleinen Anfrage der PDS-Bundestagsfraktion bezüglich Ihrer Person?

Schüßlburner: In der Tat hat mich der zunehmende Aufstieg der ehemaligen Stasiführungspartei PDS zur sich selbst ermächtigenden führenden Verfassungsschutzpartei zur Einleitung der juristischen Schritte bestärkt. Die Anfrage der linksextremen PDS, die auf den Grotewohlschen blick nach rechts gestützt ist, dessen Berichte gegen mich wiederum auf den pseudoliberalen Max basieren - der Verdacht eines vorher abgestimmten Vorgehens drängt sich auf - zeigt mehr als deutlich, daß diese Partei immer noch nicht das Demokratieprinzip begriffen hat. Sie ruft in Frageform gekleidet die Bundesregierung unverhohlen zur politischen Diskriminierung wegen mißliebiger Meinungsäußerungen auf. Die Ex-Diktaturpartei PDS will immer noch nicht verstehen, daß man in einer freien Demokratie gegnerische Auffassungen durch Argumente widerlegt, aber nicht den politischen Gegner wegen seiner vielleicht falschen Auffassungen politisch verfolgt.

Haben Sie etwas gegen die PDS unternommen?

Schüßlburner: Ich habe Herrn Gysi in einem offenen Brief aufgefordert, sich von dieser anmaßenden Anfrage seiner Fraktion zu distanzieren und anzuerkennen, daß in einer freien Demokratie auch eine Position legitim ist, die sich als politisch rechts versteht oder von ihren Gegnern so eingestuft wird. Herr Gysi hielt sich in seiner kurzen Antwort nicht zuständig. Fraktionschef Claus hat sich bürokratisch darauf zurückgezogen, daß die PDS-Anfrage den Formalien der Geschäftsordnung des Bundestages entsprochen habe. Zur Anerkennung des Rechts des Andersdenkenden ist die PDS-Fraktion des Deutschen Bundestages also nicht bereit. Sie will sich offen-sichtlich weiterhin der Taktiken kommunistischer Machtergreifung bedienen, „rechts“ als „Rechtsextremismus“ hinzustellen, wobei dieser zunehmend mit dem DDR-Begriff des „Faschismus“ gleichgesetzt wird. Demokratie bei PDS bedeutet damit in der Tendenz immer noch das, wofür Demokratie in der DDR gestanden hat: Nämlich unter Berufung auf sogenannte demokratische Werte gerechtfertigte politische Unterdrückung, im Sinne der Salamitaktik zunächst „gegen rechts“, um dann schließlich die CDU zur Linksformation zu machen; vielleicht nicht mehr im formalen Sinne einer Blockpartei, aber im Rahmen eines von von Arnim beschriebenen Kartellparteiensystems mit entsprechender ideologischer Ausrichtung.

Müssen Sie mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen?

Schüßlburner: Das wäre ja wirklich eine bundesdeutsche Posse, wenn jemand wie ich, der schon für die Abschaffung der DDR-Diktatur eingetreten ist, als andere noch den SED-„Dialog“ pflegten, zu dem Zeitpunkt diskriminiert würde, wo sich die DDR-Führungspartei anschickt, die Regierungsmacht zu ergreifen. Oder wäre dies gerade bezeichnend für die jüngste politische Entwicklung?

 

Josef Schüßlburner ist Jurist und als Regierungsdirektor im Bundesverkehrsministerium tätig. Von 1987 bis 1989 hat er im Sekretariat der Uno, Referat für (Völkerrechts-) Kodifikation, in New York gearbeitet.

 

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