© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/02 15. Februar 2002

 
WIRTSCHAFT
Alles Müller? Leider nicht
Bernd-Thomas Ramb

Der schwere Stand des Bundeswirtschaftsministers in Schrö-ders Kabinett ist kein Geheimnis. Allzu häufig wurde der parteilose Müller in den letzten drei Jahren geohrfeigt oder nicht zur Kenntnis genommen. Sein Ressort war unter dem legendären Ludwig Erhard eine Institution, an der keiner, selbst Adenauer, achtlos vorübergehen konnte. Heute ist es zum Appendix des übermächtigen Bundesfinanzministeriums verkümmert. Müller hat seine schmalen Freiräume gelegentlich zu mahnenden Aufrufen genutzt, die ordnungspolitischen Spielräume einzuhalten und die Naturgesetze der Marktwirtschaft nicht zu vergessen. Mehr als unverhohlenes Unverständnis oder verstohlenes An-die-Stirn-Tippen konnte er bei Rot-Grün nicht erwarten.

Sein jüngster und wohl letzter Versuch vor seinem Ausscheiden aus dem Kabinett - unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl - galt den starren Regelungen des Kündigungsschutzes, die doch mehr eine Einstellungsverhinderungsvorschrift darstellen. Angesichts der desolaten Wirtschaftssituation, Deutschland als EU-Schlußlicht mit entsetzlich hohen Arbeitslosenzahlen, hatte Müller eine Lockerung des Kündigungsschutzes gefordert und prompt vom Kanzler der Gewerkschaften eine scharfe Abfuhr erhalten. Schröders Gegenthese: „Wir haben ein Maß an Kündigungsschutz, der eine sinnvolle Balance zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Arbeitnehmer und dem Flexibilitätserfordernis der Unternehmen darstellt“, stimmt definitiv nicht. Daß sich Müller so stillschweigend Schröders Vorschrift unterwirft, nicht was wahr ist, sondern was zu sein habe, sei entscheidend, ist das persönlich Tragische. Schließlich strebt Müller nach seinem Ausscheiden aus der Regierung nach neuen Tätigkeitsfeldern. Sofern er dann noch vermittelbar ist.


 
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