© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/02 01. März 2002

 
Meldungen

Einstimmigkeit lähmt künftige EU-Armee

ROM. Italiens Verteidigungsminister Antonio Martino hat sich für eine Begrenzung der Aufgaben der künftigen EU-Armee ausgesprochen. Der 59jährige Forza Italia-Politiker sagte dem britischen Daily Telegraph, „Europa sollte sehr wenige Dinge tun“. Für Einsätze der Truppe sei Einstimmigkeit unter den EU-Staaten nötig. Dadurch könne eine schwierige Situation entstehen: „Die Nato funktioniert. Sie hat Kommando- und Kontrollstrukturen, die funktionieren. Die EU hat das bis jetzt nicht“, so Martino. Er habe Spanien als den gegenwärtigen EU-Ratsvorsitzenden aufgefordert, deshalb ein Treffen der EU-Verteidigungsminister einzuberufen. Nach bisheriger Planung sollen die Soldaten der EU-Staaten eine Vielzahl von Aufgaben erfüllen, dabei auch humanitäre Hilfe leisten und Friedenseinsätze absolvieren. Die EU baut eine schnelle Eingreiftruppe mit 60.000 Soldaten auf, die ab 2003 eingesetzt werden kann. Sie soll in der Lage sein, Krisengebiete über ein Jahr lang zu befrieden.

 

Dachverband der Alewiten verboten

ANKARA. Vergangene Woche hat ein türkisches Gericht den „Kulturverein der Organisationen der Alewiten und Bektaschi“ verboten. Das Gericht berief sich dabei auf die Verfassung und das Vereinsrecht, das die Gründung von Vereinen verbietet, die den Schutz oder die Verbreitung einer Kultur zum Ziel haben, die nicht türkisch ist. 20 Prozent der Bevölkerung hängen dieser Richtung des schiitischen Islam an. Die Alewiten, die sich auf die philosophisch-religiöse Richtung des Ordensgründers Hadjdji Bektasch-i Veli berufen, gehen nicht in die Moschee, pilgern nicht nach Mekka, trinken Wein, lieben Musik und Tanz. Die Alewitinnen tragen meist kein Kopftuch. Als Erkennungszeichen tragen viele Jugendliche ein winziges Schwert mit einer wie ein Kometenschweif gespaltenen Klinge um den Hals. Alewitenvertreter planen nun den Boykott des obligatorischen sunnitischen Religionsunterrichts. Es sei unverständlich, daß die Türkei, während sie sich an die EU annähere, einen Glauben verbiete, kritisierte Murteza Demir, Chef einer alewitischen Stiftung in Ankara.

 

Sammelklage wegen WTC-Terroranschlägen

WASHINGTON. Die Familien von sieben der 2.800 Todesopfer des Terrorangriffs auf das New Yorker World Trade Center verlangen in einer Sammelklage über 100 Millionen Dollar Schmerzensgeld. Wie ihre Anwälte letzte Woche in Washington mitteilten, richtet sich der Antrag nicht nur gegen Osama bin Laden, sondern auch gegen Banken und Firmen, die den Terrorismus finanzieren, sowie gegen die Regierungen von Iran und Irak. Das Schmerzensgeld soll aus beschlagnahmten Vermögenswerten der insgesamt 141 Beklagten in den USA aufgebracht werden. Gleichzeitig haben die Familien der beiden Briten und des Australiers unter den Guantánamo-Häftlingen eine Klage eingereicht, um eine Behandlung der Männer nach US-Recht zu erreichen. Die Anwälte verweisen auf den US-Bürger John Walker Lindh, der in den USA seinen Prozeß erhalten wird.

 

Sowjet-Generäle üben scharfe Kritik an Putin

MOSKAU. Eine Gruppe pensionierter Sowjet-Generäle hat Präsident Wladimir Putin scharf kritisiert. In einem offenen Brief warfen sie ihm „Betrug am Volk und an dessen Interessen“ vor. Es sei heute offensichtlich, daß der russische Präsident nicht hinter dem Volk stehe, sondern hinter denen, die es bestohlen hätten und auch weiter bestehlen würden, hieß es in dem Schreiben, das vor dem Feiertag der „Verteidiger des Vaterlandes“ in der KP-Zeitung Sowjetskaja Rossija veröffentlicht wurde. Die Politik des letzten Jahrzehnts sei in ihren „tragischen Folgen für Rußland nicht einmal mit der faschistischen Aggression im Vaterländischen Krieg vergleichbar“.


 
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