© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/02 08. März 2002


Transatlantische Parallelen
von Josef Schüßlburner

Der „Europäische Verfassungskonvent“ spielt begrifflich auf den Konvent von Philadelphia an. Dort wurde die amerikanische Verfassung ausgearbeitet, welche die Union von 13 unabhängigen Staaten in den Staat USA umgewandelt hat. Maßgebend war die Befürchtung der Staatsgläubiger, die den Unabhängigkeitskrieg finanziert hatten, von den Einzelstaaten mit wertlosen Schuldtiteln abgespeist zu werden. Die Gläubiger erhofften sich ein politisches System, das „the levelling tendencies of democracy“ der Staaten in die Schranken weisen würde. Mit Artikel 6 der US-Verfassung erhielten sie eine Übernahme der Staatsschulden durch die Union.

Bei der Einführung des Euro mußte man jedoch noch ausdrücklich festlegen, daß damit keine „Vergemeinschaftung“ der immensen Staatsschulden bestimmter EU-Mitgliedstaaten verbunden wäre. Dieser die Staatsgläubiger befriedigende Schritt erscheint nur mit der Verwandlung der Europäischen Union in einen „Europastaat“ gewährleistet. Dies bedeutet etwa, daß sich dann Deutschland nicht mehr auf seine Staatsimmunität berufen kann, wenn ein griechisches oder französisches Gericht „Vergangenheitsbewältigung“ betreibt und (unverjährbaren) Schadensersatz zuspricht. Dem wird man sich nicht entziehen können, da Bundesstaat eben auch Bundeszwang bedeutet, selbst wenn dies nicht ausdrücklich kodifiziert wird. Fort Sumter, wo der Amerikanische Bürgerkrieg begann, als im Haushaltsvollzug die Zolleinnahmen gegen die zahlungsunwilligen Südstaaten vollstreckt werden sollten, lag daher in der Konsequenz von Philadelphia.


 
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