© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/02 08. März 2002

 
Kolumne
Parteienkartell
Hans-Helmuth Knütter

In Deutschland herrscht ein Parteienkartell. In der Wirtschaft versteht man darunter einen (verbotenen) Zusammenschluß von Produzenten, die den Absatzmarkt unter sich aufteilen, um Konkurrenz und Wettbewerb zum eigenen Vorteil zu beschränken.

In der Politik teilen die staatsfinanzierten und staatsgetragenen Parteien die Einflußsphären und die zu besetzenden Pfründen auf. Sie konkurrieren zwar bei Wahlen, beschränken aber den Wettbewerb, indem sie jeden Neuen grimmig verfolgen und wegzubeißen versuchen. Das ist gegenüber den „rechten“ Parteien mit Erfolg praktiziert worden. Die Gründung der Parteien ist frei (Artikel 21 GG). Von wegen! „Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratische Partei geben“, sagt die CDU/CSU! Auf der Linken war der Vernichtungskampf gegen die „Neuen“ nicht ganz so erfolgreich, und so mußten die Grünen und neuerdings die PDS nach anfänglichen Schwierigkeiten ins Kartell aufgenommen werden. Heute sind seine Farben schwarz-rot-rot-grün-gelb. Sich selbst bezeichnen sie als die „Anständigen“. Die Linke, selbst die extreme, gilt als salonfähig. In Bundes- und Landesregierungen sitzen Maokommunisten, Trotzkisten, RAF-Terror-Anwälte und linksextreme Krawalltäter in großer Anzahl. Neuerdings kommen DKP- und SED-Funktionäre hinzu. Lauter Zierden und glaubwürdige Verteidiger der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“. Sie blicken nach rechts und schreien: „Dort steht der Feind!“

Da die CDU/CSU und die FDP aus der schlotternden Angst vor politischer Isolation und schlechtem Ansehen bei den ausländischen „Freunden und Verbündeten“ mitmachen, driftet das politische System scheinbar unaufhaltsam nach links. Johannes Rau hat vor vielen Jahren, als er noch nicht Bundespräsident war, „versöhnen statt spalten“ gefordert. Schön wär es. Das trüge zum inneren Frieden bei und wäre geeignet, die denunziantische Atmosphäre zu überwinden, die das politische Klima zunehmend unerträglich macht.

Gegen eine Versöhnung wäre nichts einzuwenden, wenn sie alle politischen Richtungen einschlösse. Damit aber müßte das etablierte Parteienkartell auf einen Hebel der Machtsicherung, nämlich die Faschismus-Keule, verzichten. Es hilft also nur das Aufbrechen dieses Parteienkartells. Die Hamburger Wahl wurde als Signal verstanden. Ob Ronald Schill sich als Messias erweist, mag man bezweifeln, ein Katalysator, der die Etablierten allein durch seine Existenz verunsichert und antreibt, ist er auf jeden Fall. Deshalb verdient er volle Unterstützung.

 

Prof. Dr. Hans-Helmuth Knütter lehrte Politikwissenschaften an der Universität Bonn.


 
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