© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/02 15. März 2002


„Die Woche“ wurde eingestellt
Das kurze Leben einer Wochenzeitung
Dieter Stein

Das wünscht man seinem ärgsten Feind nicht. Am vergangenen Mittwoch wurde den Redakteuren der Hamburger Wochenzeitung Die Woche durch ihren Verleger eröffnet, daß die 1993 gegründete Zeitung mit sofortiger Wirkung eingestellt sei.

Im Dezember 1995 hat sich eine ähnliche Szene in Berlin in der Redaktion einer altgedienten Ost-Berliner Wochenzeitung abgespielt. Die Wochenpost, zuletzt im Verlag Gruner & Jahr erschienen, hatte unter Chefredakteur Matthias Döpfner (heute Chef des Springer Verlages) und seines Stellvertreters Thomas Schmid (heute Politik-Chef der FAZ am Sonntag) nicht mehr als 25.000 Leser erreichen können. Die Wochenpost wurde damals in einer Nacht-und-Nebel-Aktion eingestellt und an die Hamburger Woche verscherbelt. Die Woche gliederte die Wochenpost lustlos in ihr Blatt ein, wickelte die Redakteure ab und vergraulte die Ost-Leser mit westdeutscher Herablassung. Von den alten Abonnenten blieb kaum jemand übrig.

Ich erinnere mich noch, wie ich durch die Redaktionsräume der Wochenpost ging, wenige Tage nach der Einstellung. Die Türen standen offen, an den Wänden hingen die Protestfaxe und Kündigungen der enttäuschten Leser. Nur weniger Jahre später ereilte die Woche nun das gleiche Schicksal.

Die Woche blieb eine Zeitung des alternden rot-grünen Milieus. Für dieses Milieu stand der ergraute Herausgeber Manfred Bissinger. Er war das dröge Gegenteil des agilen Helmut Markwort, der die episodenhafte Kooperation zwischen Focus und Woche Mitte der neunziger Jahre schneller löste, als sie zustande gekommen war. Während Markwort ein Mann der Leser ist, war Bissinger ein Mann des Establishments. Mit Kanzler Schröder per Du betrieb Bissinger gouvernementalen Journalismus in Vollendung.

Beispielhaft für diesen anbiedernden Regierungsjournalismus war die Installation der Internet-Seite „Netz gegen Rechts“, mit der Bissinger die Woche zum Leitblatt im von Schröder propagierten „Aufstand der Anständigen“ machen wollte und auf dieser Denunziationsseite auch die Redakteure der JUNGEN FREIHEIT zu Schreibtischtätern stempelte. Diese Instrumentalisierung einer um Seriosität kämpfenden Zeitung für die Interessen der rot-grünen Bundesregierung wurde nicht honoriert.

Einzige verblaßte Innovation der Woche war ihr verspielter Umbruch, der mittlerweile selbst von drittklassigen Anzeigenblättern dutzendfach kopiert und damit seiner Originalität beraubt wurde. Darüber hinaus war sie eine Zeitung, auf die man hätte verzichten können - allemal eine Zeitung trotzdem , über die man sich jeden Donnerstag wenigstens ärgern konnte. Die Einstellung einer Wochenzeitung ist immer ein Vorgang, der traurig stimmt. Jedes Jahr wird die Zahl politisch-kultureller Blätter geringer, nimmt die Konzentration zu und die Vielfalt ab.

Ein Blatt mit 40.000 Abonnenten hätte man fortsetzen können! Der Stil, wie die Woche über Nacht eingestellt wurde, offenbart viel über das Menschenbild derer, die sie hervorgebracht haben.


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