© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/02 15. März 2002

 
Ein Bayer ist Kanzler
Internet: Wahlen bei Politik-Simulation
Steffen Königer

Deutschland hat schon einen konservativen Kanzler! Der ist sogar demokratisch gewählt, hat aber keine Richtlinienkompetenz in Berlin vorzuweisen. In der Politik-Simulation im Weltnetz, www.dol2day.com , bei der über 12.000 Mitglieder in 24 Parteien über ungewöhnliche Meinungen und Umfragen diskutieren, ist nun erstmals mit „Bayernkini“ ein konservativer Kanzler gewählt worden. Der Oberbayer aus der „CIP“ (Christdemokratische Internet Partei) konnte sich knapp mit 829 zu 771 Stimmen gegen „DinoVelvet“ aus der „KSP“ (Kernsozialistische Partei) durchsetzen. Koalitionen, Unterstützungen, Wahlkampagnen - all das gibt es zu erleben in der virtuellen Welt der „Doler“. Dabei kann man jede Menge „Bimbes“ verdienen. Die Namensgebung geht nicht ganz zufällig auf die Kohlsche Spendenaffäre zurück, denn diese Internet-Einrichtung gibt es in etwa so lange, wie der CDU schwarze Koffer bekannt sind. Sogar Hochzeiten untereinander (ob Hetero- oder Homosexuell) sind über das Standesamt möglich. Alles wie im realen Leben. Nur bietet sich hier sogar die Möglichkeit, auch mal in andere Rollen zu schlüpfen, die im realen Leben (RL, wie Doler zu sagen pflegen) kaum denkbar wären. Da wird schnell aus einem Nationalen der Marxist, aus dem Anarchisten ein Patriot. Nachhaltige Wirkung nicht ausgeschlossen, denn so sieht man sich Anfeindungen und Vorurteilen ausgesetzt, auf die man sonst nie gekommen wäre, wie einige Mitglieder entsetzt feststellen mußten. Der Amtsinhaber - ein „I-Kanzler“ - hat eine Legislaturperiode von jeweils vier Monaten, in der er die „Community“ durch verschiedene Vorschläge weiterentwickeln kann. Dafür werden - ganz im Gegensatz zur realen Politik - sogenannte Doliszite durchgeführt, denn ohne die mehrheitliche Zustimmung läuft nichts.

Der noch amtierende Kanzler „Erlan“, der für die „SIP“ (Sozialdemokratische Internet Partei) vier Monate das Amt bekleidete, kandidierte nicht wieder und hat kurz nach seiner Abwahl als Parteivorsitzender auch gleich die Partei gewechselt.


 
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