© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/02 22. März 2002

 
Frisch gepreßt

Weiße Feinde. Welche Stellung nimmt ein gefangener Kriegsgegner in der eigenen sozialen Hierarchie ein? Bei jeder Kriegspartei des Zweiten Weltkrieges konnte diese Frage ziemlich eindeutig beantwortet werden. Doch in den USA der vierziger Jahre gab es das Phänomen, daß durch die Struktur des „white supremacy“ der amerikanischen Gesellschaft die „weißen“ deutschen Kriegsgefangenen auf einer höheren Sprosse der sozialen Leiter standen als die Schwarzen. Erst gegen Ende des Krieges, nach den gewonnenen Eindrücken der Judenmorde und den daraus folgenden Maßnahmen der „reeducation“, rutschten die Deutschen auf ein tieferes Niveau ab. Matthias Reiß untersucht im Band 11 der Reihe „Krieg in der Geschichte“ des Schöningh Verlages, basierend auf seiner Dissertation, diese Aspekte der deutschen Kriegsgefangenschaft, in der die heterogene Behandlung der PWs in den USA im Laufe des Krieges mit der Rassendiskriminierung korrelierte (Die Schwarzen waren unsere Freunde. Deutsche Kriegsgefangene in der amerikanischen Gesellschaft 1942-1946, Paderborn 2002, geb., 371 Seiten, 40,90 Euro).

Wohlstand für alle. Diese Forderung, die wie ein Götze mit der Struktur der „Sozialen Marktwirtschaft“ identifiziert wird, könnte im zukünftigen konsequenten Beharren zu ihrem Richtscheid werden. Die „Stimme der Mehrheit“, ein Zusammenschluß liberalkonservativer Wissenschaftler und Journalisten, sieht das bewährte System anhand verschiedener Faktoren gefährdet. Staatlicher Dirigismus, Überlastung des Sozialsystems und damit einhergehende Überschuldung werden als Sand im Getriebe des „Zukunftsmodells“ wahrgenommen und benannt. Eine korrigierende Konsequenz, de facto das Verwerfen der „Selbstbedienergesellschaft“, wird jedoch nur zart angedeutet (Arnd Klein-Zirbes, Stephan Winckler Hrsg.: Zukunftsmodell Soziale Marktwirtschaft, Aton Verlag, Unna 2002, 271 Seiten, 15,50 Euro).

Suchdienst. Durch die Wirren des Krieges, Flucht, Vertreibung, Bombenevakuierung und Gefangenschaft wurden Millionen von Menschen auseinandergerissen. Jeder vierte Deutsche suchte 1945 jemanden oder wurde gesucht, allein 300.000 Kinder verloren ihre Eltern und haben sie teilweise nie wiedergefunden. Durch die Arbeit des unmittelbar nach Kriegsende gegründeten Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes führten viele dieser Tragödien zu einem glücklichen Wiedersehen. Der langjährige Leiter des Suchdienstes, Klaus Mittermaier, versucht in diese Arbeit, die sich heute auch auf neue - teilweise internationale - Sucharbeit erstreckt, einen Einblick zu liefern. Dieser ist nicht nur wegen vieler geschildeter Fallbeispiele fesselnd, sondern er veranschaulicht auch die Tatsache, daß 57 Jahre nach Kriegsende immer noch 1,4 Millionen Schicksale ungeklärt sind (Vermißt wird. Die Arbeit des deutschen Suchdienstes, Ch.Links Verlag, Berlin 2002, 189 Seiten, 16,90 Euro).


 
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