© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/02 29. März 2002

 
UMWELT
Tierfreund Stoiber
Volker König

Aufgrund der aktuellen Diskussion teile ich Ihnen in Absprache mit der Parteivorsitzenden, Dr. Angela Merkel, folgenden zusätzlichen Punkt für die Tagesordnung unserer Bundesvorstandssitzung am 18. März 2002 mit: Tierschutz." So lud CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer die Unionsführung ein, die sich auf der Sitzung tatsächlich für die Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz aussprach. Nicht zuletzt deshalb, so betonte es Merkel später vor der Presse, weil das Verfassungsgerichtsurteil zum Schächten viele Menschen emotional zutiefst verletzt habe.

Setzt die Union etwa neue christlich-abendländische Akzente zur Bewahrung der Schöpfung? Vor der Euphorie sei Skepsis angebracht. Mit dieser Entscheidung punktete in erster Linie Edmund Stoiber gegenüber Friedrich Merz. Denn in den letzten Wochen hatte es über der Frage des Tierschutzes in der Union einen Disput gegeben. Während Merz, an dessen Taktieren vor zwei Jahren die Grundgesetzänderung gescheitert war, weiterhin den Vorrang der Forschungsfreiheit vor dem Tierschutz propagierte, vertrat der bayerische Ministerpräsident, sekundiert vom niedersächsischen CDU-Landeschef Christian Wulff eine konträre Haltung. "Wenn Tiere leiden, kann das niemandem gleichgültig sein." Inwieweit dem Bekenntnis zum Verfassungsrang allerdings Taten folgen werden, bleibt abzuwarten. Der eigentliche Prüfstein für die CDU/CSU wird die Frage sein, wie sie es mit den Großagrariern und den Chemiekonzernen hält: Stichwort Massentierhaltung, Stichwort Vivesektion, Stichwort Genmanipulation an Mitgeschöpfen. Immerhin aber ist nun der Weg frei für einen rotgrünen Gesetzentwurf, der nur mit Zweidrittel-Mehrheit des Bundestages angenommen werden kann.


 
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