© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/02 29. März 2002


Blick in die Medien
Schumi-Mania
Ronald Gläser

Eigentlich ist die Realität trostlos. Produktwerbung, Formularkrieg, Globalisierung und Skandale von BSE bis Parteispenden lassen den Zuschauer verzweifeln. Selbst die deutsche Fußball-Nationalelf ist am Boden. Vielleicht treten deswegen so viele TV-Konsumenten die Flucht nach vorn an. Sie finden neue Idole in Boxern wie Axel Schulz und Rennfahrern wie Michael Schumacher. Neuerdings stehen Sven Hannawald oder Claudia Pechstein hoch im Kurs. Für unsere Fernsehsender gilt dasselbe. Die Quoten der ARD stiegen auf den besten Wert seit der letzten Fußball-Weltmeisterschaft. RTL und Pro Sieben sanken auf die schlechtesten Werte seit zehn Jahren. Weil jetzt eine neue Formel-Eins-Saison begann, hat RTL alle Chancen, diese Schlappe auszugleichen. Alles flimmert über unsere Bildschirme: das Aufwärmen, die Qualifizierung und die Rennen ebenso wie die pseudoakademischen Analysen. Und anders als beim Skispringen oder der Championsleague rollt dadurch der Rubel für den Kölner Privatsender - vier Millionen Euro pro Stunde. Zehn Millionen Deutsche verfolgen regelmäßig das Rennspektakel. Animiert wird der Zuschauer durch die Einbindung der Formel Eins in das reguläre Programm. Keine Nachrichtensendung verzichtet auf Hinweise, die sich um die Profiraser drehen. Nur Produktplazierung kann man RTL nicht vorwerfen. Die meistgenannte Marke ist Ferrari. Deren Flitzer sind so unerschwinglich für Normalbürger, daß eine bewußte Bevorzugung der Luxuskarossen aus Italien kaum unterstellt werden kann. 


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