© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/02 05. April 2002

 
Meldungen

Große EU-Erweiterung kaum zu bewältigen

DEN HAAG. Der Spitzenkandidat der niederländischen Christdemokraten (CDA) bei den Parlamentswahlen am 15. Mai, Jan Peter Balkenende, hat vor einer gleichzeitigen Aufnahme von zehn neuen EU-Mitgliedern gewarnt. "Ich fürchte, daß das kaum zu bewältigen sein wird", sagte der 46jährige letzte Woche der Wiener Presse. "Das wird zu einer enormen Verwässerung, aber nicht zu einer Vertiefung der Union führen. Aber manche, etwa in Großbritannien, wollen das ja", meinte Balkenende. Deutschland habe "eine gelbe Karte aus Brüssel als Warnung verdient, weil sich das Haushaltsdefizit der rotgrünen Koalition in Berlin wieder der Drei-Prozent-Marke nähert." Da die EU-Finanzminister aber eine andere, etwas fragwürdige Lösung gefunden hätten, sei ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen worden, der die Stabilität des Euro langfristig unterminieren könne. Überhaupt bestehe in der EU "die Gefahr, daß die Absprachen, die wir gemacht haben, immer weniger eingehalten werden. Das könnte dazu führen, daß wir bald in einem sehr unruhigen Europa leben werden". Der jetzige CDA-Fraktionschef könnte nach den Wahlen Premier einer Mitte-Rechts-Koalition von Rechtsliberalen (VVD) und der neuen Liste von Pim Fortuyn werden.

 

Diskriminierungsverbot soll gestrichen werden

KOPENHAGEN. Die rechte Dänische Volkspartei (DF) will "rassistische Äußerungen" nicht mehr unter Strafe stellen. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag sei im Parlament eingebracht worden, teilte die Partei von Pia Kjærsgaard vor Ostern mit. Der Artikel im dänischen Strafgesetzbuch behindere die Meinungsfreiheit. In einer demokratischen Gesellschaft sei es nicht hinnehmbar, daß "offene Worte" aus Angst davor unterblieben, daß sie als "rassistisch" gedeutet werden könnten. Der umstrittene Paragraph 266 b verbietet seit 1971 die öffentliche Abwertung von Menschen auf Grund ihrer Rasse, ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Hautfarbe oder ihrer sexuellen Vorlieben. Bei Mißachtung sind bis zu zwei Jahre Haft möglich. Ein rechtspolitischer Sprecher der regierenden rechtsliberalen Venstre-Partei kritisierte den Artikel als "Schandfleck". Die mitregierenden Konservativen zögern noch mit der Abschaffung des Artikels. Die linke Opposition lehnt die geplante Gesetzesänderung strikt ab.

 

Über Benes-Dekrete wird nicht verhandelt

PRAG. Trotz der neuerlichen Entschuldigung der Sudetendeutschen Landsmannschaft beim tschechischen Volk für die NS-Verbrechen, sollen die Benes-Dekrete weiter in Kraft bleiben. "An unserem Standpunkt ändert das nichts", sagte dazu der sozialdemokratische Vizepremier Vladimir Spidla. "Wir werden darüber nicht verhandeln." Auch eine Geste an die Nachkriegsvertriebenen komme nicht in Frage, meinte der CSSD-Parteichef. Der Parlamentspräsident und Chef der rechtsliberalen ODS, Václav Klaus, nannte es "skandalös und unannehmbar, wenn jemand bemüht ist, unseren EU-Beitritt zu Versuchen zu mißbrauchen, die Geschichte umzuschreiben und die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs zu ändern". Ohne Zustimmung des EU-Parlaments ist der Prager EU-Beitritt nicht möglich.

 

Rumänien erhält Anti-Rassismus-Gesetz

BUKAREST. Rumänien hat letzte Woche ein Anti-Rassismus-Gesetz verabschiedet. Der Verkauf faschistischer und ausländerfeindlicher Symbole und die Leugnung des Holocausts können danach künftig mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Gründern rassistischer Organisationen drohen sogar bis zu 15 Jahre Haft. Rumänien ist von EU- und US-Vertretern seit Jahren wegen verschiedener rassistischer Vorfälle kritisiert worden. Das Land möchte demnächst der Nato und EU beitreten.


 
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