© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/02 05. April 2002

 
Leserbriefe

Zu: "Anschlag auf die Verfassung" von Paul Rosen, JF 14/02

Vernünftiges Theater

Sind wir denn von allen guten Geistern verlassen? Da wird ein unausgegorenes und für Deutschland schädliches Gesetz unter Bruch der Verfassung verabschiedet. Aber der öffentliche Protest richtet sich nicht gegen die Urheber dieses Mißstands, sondern gegen diejenigen, die es verhindern wollten. Und zwar nur deswegen, weil diese eine einheitliche Haltung für den Fall des Scheiterns vereinbart hatten. Dies ist nicht nur legal, sondern bei einer derartig existenziellen Frage sogar unbedingt erforderlich und vernünftig. Ein anderes Verhalten wäre dilettantisch gewesen. Erschütternd und nur schwer zu begreifen ist es deshalb, daß dem dümmlichen Gerede eines Wichtigtuers aus dem Saarland soviel Beachtung geschenkt wurde.

Herbert Gaiser, München

 

 

Zu: "Als Zerbrochener ans Ziel" von Moritz Schwarz, JF 14/02

Geschichtsbetrachtung

Unter der "Geschichte", die sich im Handeln politischer Kräfte vollzieht, läuft jene "erlebte Geschichte", der immer und überall von Menschengruppen oder Einzelnen standgehalten werden muß. Ihr Geheimnis ist, daß sie ihre eigene Wirklichkeit, ja Wahrheit haben, die sich durch persönliches Erleben von der über sie hinausgehobenen Wirklichkeit, sprich "öffentlichen" Geschichte und Geschichtsschreibung unterscheidet.

Seltsamerweise wird aber offenbar, daß eine individuelle, ja nicht einmal narrative Geschichtsbetrachtung im öffentlichen Diskurs in Deutschland nicht möglich ist. Selbst die vorgegaukelte Individualität ist zensiert und hat einer dogmatischen Geschichtsauffassung zu folgen. Individuelles Erleben ist also nur dann interessant, wenn es einer vorgeschriebenen Thematik und Doktrin entspricht. Sobald dem Dogma nicht entsprochen wird, verschwindet auf einmal die oben erwähnte Unterscheidung von erlebter Geschichte und Geschichtswissenschaft. Dadurch wird das individuelle Leid einer Person, welches eigentlich in der liberalen Idee so hoch gehalten wird, verhönt.

Was als scheinheilige Anteilnahme am individuelle Leiden verkauft wird, ist im Grunde nichts anderes als höchst verschleierte Ideologie, die den totalitären Ideologien in nichts nachstehet, sie sogar in ihrer Subtilität übertrifft.

Sasá Klickovic', Stuttgart

 

 

Zu: "Betrug an Staat und Volk" von Fritz Schenk, JF 13/02

Die Staatsverdiener

Mit der Feststellung, daß Politiker keine Gauner sind, nahm Bundespräsident Johannes Rau die Parteien vor pauschalen Vorwürfen einst in Schutz. Richtig, Herr Rau, nicht alle. Manche sind auch nur vergeßlich - Sie auch, Herr Rau?

Wie war das denn damals, als Sie als NRW-Ministerpräsident sich der Luftflotte ihres Parteifreundes Friedrich Neuberts, des Chefs der West-LB, bedienten? In den Tagesthemen der ARD vom Dezember 1999 stellten Sie, inzwischen im Amt des Bundespräsidenten, fest, daß Sie nicht in den Urlaub und auch nicht nach Wittmund geflogen sind - die Flugbegleiterin und Zeugin Sabine Wichmann erinnerte sich jedoch anders.

Wenn nun all das, was heute täglich aufgedeckt wird, das "Modell Bundesrepublik" repräsentiert, dann ist dieses Modell gescheitert. Ob "System Rau" oder "System Kohl"; der einzige Ausweg ist: Alle abtreten! Ein großer Deutscher, es war Friedrich der Große, sagte einmal: "Ich bin der erste Diener meines Staates." Der Staat, in dem solche Werte galten, wurde von den Alliierten 1945 ausdrücklich verboten. Die Grundsätze und Ideale seines Gemeinwesens standen wohl der Umerziehung im Wege. Seitdem gilt: "Verdienen statt dienen".

Friedrich Kurreck, Offenbach

 

 

Zu: "Der Tod des Westens", Interview mit Patrick Buchanan, JF 13/02

Auf den Leim gegangen

Die Umerziehung westlicher Generationen zu politisch-korrekten, selbstablehnenden Bürgern mit akzeptabler, minderheitenfreundlicher Ethik kann nicht im Interesse der westlichen Mehrheiten, also der Völker sein, sondern allenfalls im Interesse ihrer Minderheiten. Umerziehung kann nur dann stattfinden, wenn die progressiven Lehrer, die geistigen Führer der Mehrheiten, erstens Minderheiten angehören, zweitens über entsprechende Medien-Mittel verfügen (dürfen) und drittens die Regierungen der betroffenen Mehrheiten die Umerziehung zulassen.

Ich stelle fest, daß in Ländern, wo Minderheiten das Sagen haben, die Umerziehung der Kinder im Sinne einer minderheitenschaffenden Fragmentierung der Gesellschaft stattfindet. Je schwächer die Mehrheit wird, je mehr Minderheiten es gibt, desto sicherer fühlen sich dieselben. Also wählen auch islamische Fundis im "Ausland" grün-rot, plädieren generell für Zuwanderung, Homoehe und Abtreibung und arbeiten entschlossen an der Dämonisierung und der Schuldkultur der "intoleranten" Gastgeber. Dieser verständliche Sicherheitsmechanismus verlangt unweigerlich die Loslösung des Individuums von der Mehrheit; also wird die Vergangenheit dieser Mehrheit entsprechend negativ dargestellt - im Falle der deutschen Noch-Mehrheit eine Kleinigkeit.

Doch nicht alle Mehrheiten gehen Denunziationskampagnen auf den Leim. Es gibt auch westliche Länder, wo die Mehrheit ihre Medien und Lehrstühle an den Universitäten noch innehat und nicht daran denkt, sie abzugeben. So zum Beispiel ist es eigentlich recht verwunderlich, daß in Israel, das starke Bande zu den politisch-korrigierten USA unterhält und immerhin beim europäischen Liederwettbewerb und beim UEFA-Cup mitmischt, die Umerziehung der Generationen zu minderheitenfreundlichen, super-toleranten Bürgern nie stattgefunden hat. Ich habe mich immer gefragt, warum Frankfurter Schule oder die politischen Weisheiten des Zentralrates oder Cohn-Bendits nicht auch im Nahen Osten Anwendung finden. Gerade dort würden sich doch die Minderheiten darüber freuen. Oder hat Buchanan Recht, wenn er von einer Krankheit redet? ... Eine Krankheit, die allerdings nur Mehrheiten außerhalb Israels befallen darf?

Kurt Willrich, Cairns, Australien

 

 

Zu: "Die Kirche im Dorf lassen", JF 13/02

Reiche Kirchen

Gehen wir, wie dargelegt, vom geschätzten Aufwand von 55 Millionen Euro jährlich für sächsische Kirchenrenovierungen auch für "Rest-Neufünfland" aus, so sind das 275 Millionen. Das wären 6,5 Prozent der jährlich vereinnahmten Kirchensteuer von 4,25 Milliarden Euro der evangelischen Kirche Deutschlands, der vermutlich die meisten Kirchen dort zuzuordnen sind. Auf die Kirchensteuereinnahmen beider Konfessionen (8,935 Milliarden) umgelegt wären es ca. 3 Prozent. Und das sollte nicht aufzubringen sein? Da muß wieder beim kleinen Mann geschnorrt werden, während man nach eigenem Bekunden 60 bis 70 Prozent der Kirchensteuer für Personal-, Sach- und Verwaltungskosten heraushaut?

Eberhard Koenig, Baiern

 

 

Zur Meldung: "Adolf von Thadden Agent des MI 6?", JF 13/02

Verdeckte Karten

Nun ist der Motor der NPD-Gründung, Adolf von Thadden, erneut ins Gerede gekommen für irgendwelche Dienste gearbeitet zu haben. In der JUNGEN FREIHEIT wird aus dem "Informanten" sogar ein "Agent". Zunächst war es eine ironische Selbstdarstellung im Handbuch des ersten deutschen Bundestages, die politischen Gegnern ausreichte, von Thadden als Agent der polnischen GPU zu denunzieren.

Damals wie heute wurde mit verdeckten Karten gespielt. Der Autor eines einschlägigen Buches, daß damals im rechten Lager für viel Aufregung sorgte, benutzte sein Pseudonym. Ebenso unbekannt bleibt der Informant, der dem Kölner Stadt Anzeiger berichtet haben soll, von Thadden sei von 1967 bis 1976 Informant des britischen Geheimdienstes gewesen und von "MI 6 Angehörigen über Personen, Strukturen und Pläne der NPD befragt worden". Daß der Vorsitzende der NPD um sein Lebenswerk an allen Fronten für diese Partei noch kämpfte, als er 1971 nicht mehr für den Vorsitz kandidierte, ehrt ihn noch heute. Daß er Kontakte mit Russen, Franzosen und Briten hatte, über die er offen im Freundeskreis berichtete, hat nichts mit der verdeckten Arbeit von Agenten zu tun. 

Manfred Aengenvoort,

Oberhausen

 

 

Zum Fragebogen von Prof. Dr. Elisabeth Noelle-Neumann, JF 13/02

Eine Wohltat

Wohltuend unterscheidet sich das, was eine Frau wie Elisabeth Noelle-Neumann zu allgemeinen Fragen des Lebens zu sagen hat, von dem hohlen Blabla, das oft in dieser Spalte geboten wird.

Jakob Scheurer, per E-Post

 

 

Zum Leserbrief "Fehlende Komponente", JF 12/02

Druckerhöhung

Das trifft den Nagel auf den Kopf. In diesem Zusammenhang muß man fragen, ob die maßgeblichen Kreise in Wirtschaft und Politik die Arbeitslosigkeit wirklich senken wollen. Je mehr sich um einen Job bewerben, desto stärkeren Druck kann man auf den ausüben, der diesen Job hat. Hierzu paßt auch die Forderung der Wirtschaft nach mehr Zuwanderung.

Peter Neumeyer, per E-Post

 

 

Zur Meldung: "Hohe Haftstrafen im Skinhead-Prozeß", JF 11/02

Mangelhafte Recherche

Ich habe die JF stets aufgrund ihrer "Zeitgeistlosigkeit" und Unkonformität geschätzt. Nun berichten Sie in exakt derselben Weise über den sogenannten Skinhead-Prozeß in München wie alle anderen Medien in Deutschland auch. Ich hoffe, das liegt an mangelhafter Recherche, die in diesem Fall verzeihlicher wäre als anderweitige Ursachen. Zur Sachlage: Der Kläger aus Griechenland (der wenig später seine Lebensgefährtin und einen Polizisten verprügelte) schlug Frau von Papen ins Gesicht, bevor ihr ihre Freunde zu Hilfe eilten. Wenn ein Mann eine Frau schlägt, bleibt sicherlich kein anständiger Mensch untätig. Der Agressor muß mit gesteigerter Gewalt gegen sich selbst rechnen. Nach Durchsicht der erlittenen Verletzungen des Griechen kann man sicherlich nicht von einer Tötungsabsicht der Freunde Frau von Papens ausgehen. Summa summarum eine Situation, wie sie Woche für Woche bei größeren Festivitäten auftreten kann. Nichtsdestotrotz bekommt die Angegriffene eine Haftstrafe von fünf Jahren.

Nüchtern betrachtet, muß man vor diesem Hintergrund von einem politischen Prozeß sprechen. Daß das die JUNGE FREIHEIT nicht aufdeckt - obwohl auf derselben Seite der Meldung zum Münchner Prozeß der Kurzbericht "Keine Lichterkette" erscheint -, ist seltsam. Wenn dies auf schlechte Recherche zurückzuführen ist, muß man die JF rügen. Wenn mehr dahintersteckt, müßte man sie abbestellen.

Christoph Amendt, Bielefeld

 

 

Zu: "Pankraz, der Tastsinn und die Babys von Tübingen", JF 11/02

Grundsinne

Wenn Pankraz den Tastsinn als ältesten Sinn benennt, dann irrt er wie so oft, wenn er biologische Themen behandelt. Einem Aufsatz, in welchem ich die passive und aktive Funktion von Nah- und Fernsinnen behandele, entnehme ich gekürzt, daß der Stoffwechselsinn, als welchen man die beiden chemischen Nahsinne Riechen und Schmecken zusammenfassen kann, der Grundsinn aller Lebewesen ist, dem alle anderen Sinne dienen. Dabei spielt der Tastsinn als nächstwichtiger mechanischer Nahsinn besonders in seiner aktiven Funktion als aufmerksamer Suchsinn bei Säugetieren eine unverzichtbare Rolle. Das Neugeborene von Beuteltieren riecht sich seinen Weg zum Milchdrüsenfeld oder zur Milchdrüsenzitze. Dort angelangt, kommt der Tastsinn zur Funktion, der bei Zitzenbeutlern sogar zur Verwachsung des Säuglings mit der Zitze führt. Auch blindgeborene höhere Säugetiere erriechen sich das Gesäuge der Mutter, während Primatenmütter sich den Säugling an die Brustdrüse legen und dadurch dem Tastsinn die Suchhilfe erleichtern. 

Prof. Dr. Fritz Preuß, St. Peter-Ording

 

 

Zum Leserbrief "Unkorrekte Darstellung", JF 11/02

Birg hat Recht!

Der sachkundige und mutige Bevölkerungswissenschaftler Birg hat sich vollkommen zu Recht gegen den Satz gewehrt, er habe den Gedanken "nahegelegt", die landfremden Siedler sollten ermuntert werden, wieder in ihre Herkunftsländer zurückzukehren. Birg ist Wissenschaftler, die Forderung nach Rückkehr wäre eine politische Aussage. Jeder Wissenschaftler muß eine solche vermeiden. Allerdings: Er zeigt seit vielen Jahren unermüdlich das demo­graphi­sche Defizit in Deutschland (und in allen europäischen Völkern) präzise auf. Wer hören wollte, konnte das tun.

Die Zahl der Volksangehörigen und deren Alters­verteilung ist eine exponentiell bestimmte Größe: bei jahrzehntelanger Geburtenarmut fehlen bald die potentiellen jungen Eltern, die sich für oder gegen Kinder entscheiden könnten. Geburtenarmut ist ein sich selbst beschleunigender Vorgang, das Loch in der Volkszahl vergrößert sich aus kleinen Anfängen lawinenartig. Fortgesetzte Schrumpfung alleine stellt wegen der gesellschaft­lichen Verwerfungen (etwa Rentenkrise) bereits eine politische Krise ersten Ranges für die europäischen Völker dar, aber erst die Verbindung mit der noch nie dagewesenen Zuwanderung macht die Katastrophe aus. In naher Zukunft steht überall in Europa eine überalterte kleine Minorität der angestammten Völker einer Mehrheit von jungen Landfremden gegenüber. Birg deutete in einer populär­wissen­schaft­lichen Arbeit einmal an, es würde zwar leicht sein, die fehlenden jungen Eltern durch Menschen aus der dritten Welt zu "ersetzen", aber, "ist das, was bereits geschieht, auch das, was wir wollen?"

Und hier liegt der Hase im Pfeffer! Die Entscheidung über entgrenzte und undifferenzierte Zuwanderung in die Sozialsysteme wurde gegen den Willen der Regierten getroffen, die Frage stets aus dem politischen Raum herausgehalten.

Ehrliche Politik hätte die zentrale Frage der Erhaltung unseres Volkes zum Hauptthema jeder Politik machen müssen: Familienpolitik, Kinderpolitik, Bevölkerungspolitik, Aussiedlerpolitik, Zuwanderungsbegrenzung. Von den risikoscheuen, verwaltungstragenden Macht-Parteien ist nichts davon zu erwarten. Wirklich erstaunen muß es dagegen, daß keine politische Kraft der Gruppe jener Deutschen, die es noch sein wollen, die Familienpolitik jemals zu ihrem Thema Nr. 1 erklärt hat! Offenbar gibt es in Deutschland keine wahre volkstreue und zugleich intelligente Opposition.

Dr. Gunther Kümel, Eppenhain

 

 

Zur Meldung "Zuckmayer-Medaille an Herta Müller verliehen", JF 5/02

Ungerechte Preisverteilung

Herta Müller hat, im Unterschied zu vielen anderen wirklich hochwertigen und in der Fachwelt wie in Leserkreisen geachteten Banater Schriftstellern, in der Bundesrepublik auffallend viele Preise bekommen. Für mich ist das nicht nur eine Beleidigung der Banater Schwaben, sondern auch ein Zeichen dafür, daß die weltweiten Verbindungen der "linken Internationalen" auch heute noch gut funktionieren. Auch wenn es keinen Ceausescu und keine Sowjetunion mehr gibt und aus der SED eine PDS geworden ist. Die "Internationale" scheint trotz des blamablen weltweiten Versagens (mit über 150 Millionen ermordeten Menschen) noch immer genug Anhänger in deutschen Kulturkreisen zu haben, um ihre bekannten Bewertungskriterien durchzusetzen.

Die Umerziehung hat nicht nur zum Verlust des gesunden nationalen Selbstbewußtseins geführt, sondern auch zu einem allgemeinen Niedergang unserer Gesellschaft. Eine Rückbesinnung auf die von linken Politikern verpönten Sekundärtugenden und die schon seit langem angekündigte geistig moralische Wende ist schon längst überfällig.

Rudolf Krauser, Ehrenvorsitzender der Banater Schwaben, Heidenheim


 
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