© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/02 12. April 2002

 
Kombinatorik
In Heiligkreuztal fand das 4. Jünger-Symposion statt
Tobias Wimbauer

Der inzwischen 600 Mitglieder zählende "Freundeskreis der Brüder Ernst und Friedrich Georg Jünger" lud am Palmsonntagwochenende ins oberschwäbische Heiligkreuztal zum 4. Jünger-Symposion, das mit dem Titel "Verwandtschaften II" an die letztjährige Zusammenkunft (siehe JF 18/01) anknüpfte. Die Vorträge beider Symposien werden vereint in der Reihe "Jünger-Studien" (Tübingen, Attempto) im kommenden Jahr erscheinen.

Thomas Bantle (Hamburg), Geschäftsführer des traditionsreichen Mittler-Verlages, dessen Autor Ernst Jünger zwei Jahrzehnte lang war, stellte den von Gisela Linder druckfrisch herausgegebenen Bildband "Ernst Jünger - Die Jahrzehnte in Oberschwaben" vor Besprechung folgt) .

Sebastian Kleinschmidt, Chefredakteur der in Berlin erscheinenden Zeitschrift Sinn und Form, umriß Gerhard Nebels Jünger-Bild; Günter Figal, Philosophie-Professor in Freiburg, befaßte sich in der ihm eigenen Brillanz der Rhetorik und Eindringlichkeit mit Goethe und Jünger.

Francesco Fiorentino (Rom) hatte sich zur Aufgabe gemacht, Gemeinsamkeiten von Ernst Jünger und Heiner Müller aufzuspüren. Die aber gibt es nicht, abgesehen von wenigen Äußerungen Müllers zu Jünger. Friedrich Gaede (Freiburg / Halifax) wartete mit einer ungewöhnlichen Kombination auf: Jünger, Grimmelshausen und Günter Grass. Daß der Kaschube im Vergleich schlecht abschnitt, fand, erwartungsgemäß, das heitere Wohlwollen der Anwesenden. Nicolás Sánchez Dura (València) untersuchte Jüngers Pazifismus-Kritik, ausgehend von den Bildbänden, die Jünger in den zwanziger Jahren herausgegeben hat.

Höhepunkt des Symposions war zweifellos Albert von Schirndings (Regensburg) Vortrag über die Brüder Jünger und Clemens und Sophie Dorothee Podewils. Der Dichter von Schirnding war nach Armin Mohler Sekretär bei Jünger gewesen.

Augenfällig ist die Nichterwähnung Konrad Lorenz' im Werk Jüngers, da die innere Verwandtschaft in der Eigenart der Betrachtung der Natur verblüffend ist, wie der Germanist Helmut Lethen (Rostock) in seinem anregenden Beitrag ausgehend vom Rotschwänzchen-Kapitel aus dem "Abenteuerlichen Herzen" darlegte. Peter Trawny (Freiburg) konnte aus unveröffentlichten Skripten Heideggers zu Jünger zitieren, in denen Heidegger den Autor des "Arbeiter" die tiefste Weltsicht seit Nietzsche bescheinigte. Abschließend trug Thomas Pekar, der an der Universität in Tokio Germanistik lehrt, eine Kurzfassung der Japan betreffenden Passagen seiner Studie "Ernst Jünger und der Orient" (JF 36/00) vor.

Bedauerlich ist, daß, wie schon in den vergangenen Jahren, Friedrich Georg Jünger kaum Berücksichtigung fand. Und weshalb blieben auch "prominente Verwandte" wie Carl Schmitt oder Hugo Fischer ausgespart?


 
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