© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/02 12. April 2002


Leserbriefe

Zu: "Anschlag auf die Verfassung" von Paul Rosen, JF 14/02

Krasse Gegensätze

Die Worte von Peter Struck zu Friedrich Merz "Jeder, der einen Hauch von Geschichtskenntnis hat, weiß, wann und bei wem diese widerwärtige Art der Verunglimpfung in Deutschland Konjunktur hatte" gewähren einmal mehr einen tieferen Einblick in das Selbstverständnis einiger Mitglieder dieser Regierung bzw. der sie im Bundestag stützenden Parteien. Kritik wird selbstgerecht und herrisch "abgebürstet", ja kriminalisiert. Besonders Bundesinnenminister Otto Schily erweist sich in Sachen Kritik oft als sehr dünnhäutig. Treten Probleme oder Unzulänglichkeiten auf, wird dafür grundsätzlich die längst verflossene Regierung Kohl verantwortlich gemacht, wahrscheinlich auch noch in den kommenden vier bzw. acht Jahren, sollte Herr Schröder Bundeskanzler bleiben. Letztlich jedoch gab es meines Erachtens nach noch keine Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik, bei welcher die nach außen demonstrierte Selbstherrlichkeit und Prahlerei in so krassem Gegensatz zu einer derart miserablen Leistungsbilanz stehen. Nach den Ereignissen des 22. März im Bundesrat dürfte endgültig klar sein, daß diese Regierung bereit ist, ihre Macht mit allen Mitteln zu verteidigen.

Christian Dunger, Bad Ems

 

Gebeugtes Recht

Die Bezeichnung Komödie bzw. Zirkustheater für den Verfassungsbruch im Bundesrat bei der Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz finde ich daneben; hier sind die demokratischen Regeln ähnlich einem Ermächtigungsgesetz aus "niederen Beweggründen" außer Kraft gesetzt worden. Das Recht ist gebeugt worden! In ganz übler Art wurde der Demokratie geschadet, nur um Macht zu erhalten - und dies von Sozialdemokraten. Der Sitten- und Werteverfall ist kaum noch zu bremsen; armes Deutschland.

Günter Algner, Berlin

 

Schwarzer Tag

Die Zuschauer der Bundesratsdebatte erlebten einen schwarzen Tag für unsere Demokratie. Während wir in der Bundesrepublik Institutionen wie den Vermittlungsausschuß haben, um divergierende Meinungen unter einen Hut zu bringen, wollte Rot-Grün lieber eine schnelle Entscheidung, zu dem Preis, die Gesellschaft zu spalten, anstatt in einem Vermittlungsausschuß den gesellschaftlichen und überparteilichen Konsens zu suchen.

Skandalös hingegen war die Entscheidung von Bundesratspräsident Klaus Wowereit, die Brandenburger Entscheidung als Zustimmung zu werten. Hier wurde das neutrale Amt des Bundesratspräsidenten beschädigt, indem es Wowereit hinter Parteiinteressen zurückstellte. Klaus Wowereit, selbst Jurist, kann man unterstellen, sich der Tragweite seiner Entscheidung vollends bewußt zu sein, gerade weil es sich um eine juristische Wertung handelt. Wowereit hat sich einer rechtlichen Einschätzung seiner eigenen Verwaltung widersetzt, hat die fast einhellige und herrschende juristische Meinung ignoriert und bewußt das Grundgesetz gebrochen. Besonders zu kritisieren ist, daß Wowereit, Schröder, Struck, Müntefering und Stiegler nach der Abstimmung darum bemüht waren, das Verhalten des Bundesratspräsidenten schön- und verfassungskonform zu reden.

Der schwarze Peter liegt nun beim Bundespräsidenten. Johannes Rau sollte sein formelles Prüfungsrecht nutzen und die Ausfertigung des Gesetzes wegen des Verstoßes gegen die Verfahrensvorschriften verweigern. Durch dieses Vorgehen könnte Rau seinem Motto "versöhnen statt spalten" und seinem Amtseid - das Grundgesetz zu wahren und zu verteidigen - folgen sowie den Anstoß für einen Kompromiß im Vermittlungsausschuß geben; zudem würde er Ansehen gewinnen. Fertigt Rau das Gesetz hingegen aus, so würde die deutsche Demokratie einen weiteren schwarzen Tag erleben und auch Rau niemals den dann berechtigten Ruf verlieren, aus parteipolitischen Interessen gegen das Grundgesetz zu verstoßen.

Rechtlich bleibt abschließend festzustellen, daß es in vergangenen Bundesratssitzungen immer auch sogenannte "Stimmführer" gegeben hat, der die Stimmen des Landes gesammelt abgegeben hat; da lediglich eine einheitliche Abstimmung möglich ist, ist das auch sinnvoll. Diese "Stimmführerschaft" hat jedoch nichts mit einer herausgehobenen Position zu tun; bei der Findung der Entscheidung trägt er genausoviel bei, wie jedes andere Bundesratsmitglied des Landes. Ein eigenmächtig auftretender "Stimmführer" würde der Zielrichtung des Bundesrates zuwiderlaufen. Auch das Berufen auf die Brandenburger Landesverfassung greift schon deshalb zu kurz, da hier ausschließlich nach Bundesrecht zu entscheiden ist. Ob die Länderstimmen von Brandenburg schließlich als Enthaltung oder als ungültige Stimmen gewertet werden, kann im Ergebnis offenbleiben; eine Wertung als Zustimmung kann auch nicht mit gewagten juristischen Denkkonstruktionen hergestellt werden.

Matthias Hauer, Essen

 

 

Zu: "Verbotsgründe" von Karl Heinzen, JF 14/02

Satirisch überspitzt

Oh, das waren aber scharfe Lockerungsübungen! Der amtliche Leser beim NRW-Verfassungsschutz wird möglicherweise einen Pfeifton bei der Lektüre dieses Beitrages ausgestoßen und gemurmelt haben "na also, ihr könnt es ja, warum nicht gleich so?"

Dieses gelockerte Üben war ein gelungenes Lehrbeispiel dafür, wie die zeitgeistige politische Sichtweise ihre Themen angeht. Der Autor Karl Heinzen hat damit exemplarisch die linke rabulistische Dialektik vorgeführt. Dieser satirisch überspitzte Argumentationsstil könnte fast der Süddeutschen Zeitung gut anstehen, wenn die Intelligenz der Leser dieses Blattes nicht doch eine Hemmschwelle setzte. Andernorts ist man da weniger pingelig, und was dort gedacht und geschrieben wird, gerät unfreiwillig zur Realsatire. Das zu entlarven, ist der Lockerungsspalte voll gelungen.

Hans-Alfred Berger, per E-Post

 

 

Zu: "Dynastie als Staatsprinzip" von Rolf Helfert, JF 14/02

Verlogener Wahn

Die "wenig effektive" Leitung des Hauses Habsburg sicherte Europa über 600 Jahre Glauben, Freiheit und Kultur. Diese schlichte, nicht nur unbestreitbare, sondern auch unbestrittene Tatsache scheint den Nationalisten jeder Coloeur derartig unerträglich zu sein, daß sie die Maske fallen lassen und ihr häßliches Gesicht zur Kenntlichkeit entstellen. Angesichts des Schutzes, den das Haus Habsburg über Jahrhunderte gerade den deutschen Volksgruppen Mittel- und Ostmitteleuropas in vorbildlicher Weise gewährleistet hat, schlägt das nationalistische Prinzip in seinem haltlosen Haß gegen die Ordnung Europas in einen ebenso verlogenen wie geistesschwachen Selbstzerstörungswahn um und leiht implizit dem Volksgruppenmord die Hand.

Martin Möller, Berlin

 

 

Zu: "Böhse Medien" von Christian Anders, JF 13/02

Richtig und Wichtig

Die Aktion der "Böhsen Onkelz" war richtig, und wichtig! Denn es gibt nach wie vor eine Reihe von Schikanen gegen die "Onkelz". Hier seien speziell erwähnt:

Die Musikgeschäftskette "WOM" führt aus Prinzip keine Produkte der "Onkelz", ganz egal, wie gefragt sie sind! Als jetzt kürzlich der Titel "Keine Amnestie für MTV" auf Platz zwei (!) der deutschen "Charts" war, konnte man diese Maxi-CD dort nicht kaufen!

Als im Jahr 2000 der Titel "Dunkler Ort" (erstmalig mit Videoclip) ebenfalls auf Platz zwei gestanden hatte, wurde bei "MTV" und "VIVA" der Videoclip in der Chartsendung nicht gezeigt! Man spielte Titel zehn bis drei und Platz eins.

Außerdem gibt es da noch dieses sehr merkwürdige Gerichtsurteil, daß die taz die "Onkelz" unverändert als "rechtsradikale" Band titulieren darf. Unglaublich! Seit über zwölf Jahren ist die Band unpolitisch, und damit noch nicht einmal "rechts"! Weil sie aber eben auch nicht links ist, macht sie das trotzdem verdächtig.

Die "Onkelz" haben also gute Gründe, wenn sie in dieser Beziehung frustriert sind.

Karsten Zemke, Berlin

 

 

Zu: "Inspiriert und energisch alternativen denken" von Wolfgang Saur, JF 11/02

Kulturträger Sprache

Die JUNGE FREIHEIT rühmt sich damit, eine überwiegend verständige und kluge Leserschaft zu haben. Am obigen Beispiel gibt sich Herr Saur auch redliche Mühe, dies durch viele Fremdwörter zu unterstreichen. Ob es verstandesmäßig ist, Fremdes zur Verständlichmachung zu gebrauchen, sei dahingestellt, denn oftmals stellt diese Art der Bildung eher Einbildung dar. Vergessen wir nicht, daß Sprachen Kulturträger sind. Deutsch ist dem Altnordischen (noch) am verwandtesten und könnte als Ursprache bezeichnet werden. Entscheiden wir uns doch für das Eigene - für den gleichwertigen Begriff, welcher rechts vom Gleichheitszeichen stehen "darf"!

Martin Rogge, Berlin

 

 

Zu: "Es gibt tausend Gründe, Deutschland zu hassen" von Wolfgang Müller, JF 10/02

Typische Dinge

Es ist typisch für unsere politischen Verhältnisse allgemein und für die PDS insbesondere, wenn solche ihr Land "tausendfach" hassenden, für ihre Ergüsse auch noch bezahlten "Berufspolitiker" wie Dittes existieren, die eine - was sie schon wieder vergessen haben - überall auf dem Misthaufen der Geschichte gelandete Ideologie weiterhin rechtfertigen mit einem sonst nur in Diktaturen üblichen Haß und Meinungsterror.

Die Vertriebenen, von Dittes Gesinnungsgenossen vor einiger Zeit bei einer Gedenkveranstaltung auf dem Erfurter Friedhof als Nazis beschimpft, sollten ihn mal mit dem "Deutschenhasser Nummer eins" (Ilja Ehrenburg) vertraut machen, von dem er noch einiges lernen kann.

Jedes andere Land der Welt hätte mit Sicherheit so einen mit seiner "politischen" Funktion überforderten Mann schon längst zum Teufel gejagt; selbst in Polen, das nach Dittes bis Frankreich reichen soll, wird man für solchen Antifa-Kämpfer kaum Verwendung haben.

Manfred Severin, Berlin

 

 

Zu: "Vom Zeitgeist diffamiert und geächtet" von Markus Meier und "Nun kommt die Flut", Interview mit Arno Surminski, JF 10/02

Hochverdiente Würdigung

Hochverdient ist die Würdigung in der JF aus Anlaß des Todes von Joachim Hoffmann, dem gebürtigen Königsberger, dem langjährigen angesehenen Historiker des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes in München. Nadelstiche und Intrigen über Jahre hinweg hatte Hoffmann ausgehalten. Die Diffamierungen sollten ihn zermürben; denn ein Wissenschaftler hat in diesem Lande ja zuerst dem Zeitgeist zu dienen. Der Verstorbene hat sich aber als unbeugsam erwiesen - um der Wahrheit willen. Diese Haltung ist ein Lichtblick, Vorbild und großartiges Hoffnungszeichen. Kehrt aber das Drama der Vertreibung Deutscher nach den Fernsehfilmen und dem Grass-Buch "Im Krebsgang" in das Bewußtsein zurück?

Arno Surminski, 67, in Ostpreußen geboren, beschreibt in seinem Interview seinen Erfolg als Nischenschriftsteller. Das Leiden der Menschen damals dürfte nicht vergessen, von der "Literaturkritik tiefgehängt werden". Es sei aber töricht, politische Forderungen abzuleiten, jene Regionen lösten sich in Europa auf. Sein Traumbild der heilen, schönen einen Welt "Europa", darf der Schriftsteller Surminski natürlich zeichnen, ich jedenfalls erwarte, daß man das "Haus Europa" auf solidem Grund baut, mit allseits gültigen Menschenrechten, was besagt: Aufhebung aller noch gültigen Vertreibungs- und Entrechtungsgesetze in Polen, Tschechien und Slowenien.

Dietmar Neumann, Neu Wulmsdorf

 

 

Zu: "Der Zweck rechtfertigt nicht die Mittel" von Richard Stoltz, JF 9/02

Kindische Einstellung

Wer wie auch immer Berichte einem Geheimdienst lieferte, soll nach Meinung vieler und besonders von Richard Stoltz durch nichts entschuldigt werden dürfen. Diese fundamentalistische (Moral-) Vorstellung kann man nur als kindisch bezeichnen, denn wer das ernst nimmt, spricht sich unausgesprochen für die Auflösung des zweitältesten Gewerbes der Welt aus. Scheinheilig fragt der ehemalige SED-Funktionär Werner Mittenzwei: "Was haben unsere IM's denn anderes gemacht, als Zuckmayer gemacht hat?" Und darauf fällt Herrn Stoltz nichts anderes ein, als kleinlaut zuzugeben: "Geisteskollegen (Wieso eigentlich nur sie?) schwärzt man nicht heimlich an (...) Kein politisches Lagerdenken und kein 'guter Zweck' entschuldigen das." Das ist mehr als dürftig, wenn man nicht einmal die Frage aufwirft: Hat Carl Zuckmayer fùr die Gestapo gespitzelt oder dem Geheimdienst eines demokratischen Landes zugearbeitet, das sich zudem im Kriegszustand mit einem Regime befand, das sich anschickte, den "totalen Krieg" auszurufen? Deutsche, die sich dort im oft lebensrettenden Exil befanden, haben auf verschiedene Weise das NS-Regime bekämpft und damit die Ehre der deutschen Nation gerettet, manche sogar mit der Waffe in der Hand, was ja noch mehr Empörung auslösen müßte.

Freilich kann man schreiben, daß selbst bei der Zuarbeit für einen demokratischen Geheimdienst "ein bitterer Nachgeschmack" bleiben kann - das ist legitim. Jedoch Zuckmayer mit Leuten wie Hermann Kant oder Bernt Engelmann auf eine Stufe zu stellen, ist nicht nur unredlich, sondern drückt das Unvermögen des Differenzierens aus. Wir haben allen zu danken, die auf verschiedene Weise beide deutsche Diktaturen bekämpft haben.

Daß diese Selbstverständlichkeit noch längst keine ist, zeigt allein die Tatsache, was unserer gegenwärtigen Gesellschaft von den Opfern und Widerständigen des SED-Regimes halten - nämlich nichts! Es tut weh, in einer der wenigen Zeitschriften, die sich wie die JF so oft wohltuend vom Geschwafel des linken Zeitgeistes abheben, solch einen seichten Kommentar lesen zu müssen. 

Siegmar Faust, Reichenberg

 

 

Zur JF allgemein

Lob und Kritik

Als junger Leser bin ich von der JUNGEN FREIHEIT sehr angetan. Viele Themen, die man in anderen Druckmedien vergeblich sucht, findet man in dieser äußerst informativen Wochenzeitung. Auch die gut geführten Interviews und Kommentare - besonders im Kulturteil - zeigen mir, daß es sich gelohnt hat, die JUNGE FREIHEIT zu abonnieren. Im übrigen hoffe ich, die Schmutzkampagnen gegen Sie - wie in Hamburg und Nordrhein-Westfalen der Fall - können Ihre journalistische Arbeit nur positiv beeinflussen.

Unverständlich erscheinen mir jedoch die Werbekampagnen; so erhalte ich zum Beispiel fast jeden Monat Briefe mit Ihrem Buchangebot, welches sich jedoch nie wesentlich ändert. Der Inhalt der Werbepost bleibt fast immer unverändert. Meiner Meinung nach sind die Leser mit einem Buch und der Werbung in der JF genügend informiert. Sehr lobenswert war zweifelsohne die Kampagne in Hamburg, die Abometer-Kampagne finde ich etwas lächerlich, zwei wertvolle Doppelseiten werden dafür in jeder Zeitung geopfert, die sicher mit wesentlich ansprechenderen Texten gefüllt werden könnten, sie scheint jedenfalls auch nicht den erhofften Erfolg zu erzielen.

Ein großes Leserpotential liegt in Gymnasien und Studentenverbindungen, gerade an meinem Gymnasium hat sich mittlerweile eine konservative Gruppierung gebildet. Wir finden großes Gefallen an der JF, ein zusätzliches Abonnement der JF erwägen viele hier bereits. Dadurch wäre es sicher auch möglich, viele Schüler zum kritischen Nachdenken über die momentane politische Situation zu bewegen, dafür bietet die JF einen sehr guten Anlaßpunkt mit ihren zeitkritischen Artikeln und hohem journalistischem Niveau, wodurch es wohl hoffentlich auch auf Dauer möglich sein wird, einen angesehenen Platz innerhalb der zu einseitigen deutschen Medienlandschaft zu erringen.

Johannes Schüller, Chemnitz


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