© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/02 19. April 2002

 
"Wir haben das Recht, hier zu leben"
Israel II: Interview mit Shaul Yahalom, Fraktionschef der National-Religiösen Partei
Moritz Schwarz

Herr Yahalom, Sie sind Fraktionsvorsitzender der National-Religiösen Partei Israels, die Premierminister Ariel Scharon Anfang letzter Woche in die Regierungskoalition aufgenommen hat. Welchen Einfluß will Ihre Partei auf die Politik Israels ausüben?

Yahalom: Unser Land befindet sich mitten im Krieg ...

... Sie sprechen offen von Krieg?

Yahalom: Ja, ein Krieg gegen den Terror.

Und gegen Arafat?

Yahalom: Gegen den Hamas, gegen den "Islamischer Heiliger Krieg" und in der Tat auch gegen die Autonomiebehörde. Um den Krieg gegen den Terror zu gewinnen, müssen wir palästinensisches Gebiet betreten, um dort die Infrastruktur des Terrors zu zerschlagen. Die Welt betrachtet das wie einen Einmarsch in ein fremdes Land und setzt uns unter Druck, unsere Truppen zurückzuziehen. Wir aber können unsere Armee nicht abziehen, bevor sie dort nicht ihre Aufgabe erfüllt hat. Die National-Religöse Partei muß dafür sorgen, daß unsere Regierung nicht dem internationalen Druck nachgibt, bevor wir nicht dem Terror jeglichen Rückhalt im Westjordanland entzogen haben.

Was ist das politische Ziel der NRP?

Yahalom: Unsere Bewegung hat die meisten Siedlungen im Westjordanland gebaut, und deshalb kämpfen wir gegen jeden Versuch, dort einen palästinensischen Staat zu errichten, denn das würde bedeuten, daß wir dort nicht weiter siedeln könnten.

In Deutschland verursachen die Vorurteile gegen Rechts die Vorstellung, der israelischen Rechten ginge es nur darum, das Land der Palästinenser zu annektieren.

Yahalom: Nein, darum geht es nicht. Israel ist das heilige Land der Juden, und wir haben das Recht, darin zu leben. Das heißt aber nicht, daß wir überall unseren Staat errichten müssen. Wir betrachten die Palästinenser als Bürger Jordaniens, was nicht bedeutet, daß wir sie dorthin vertreiben wollen. Im Gegenteil, wir sind gegen jede Umsiedlung! Deshalb lehnen wir auch jede Souveränität für das Westjordanland ab. Hier leben die Angehörigen zweier Staaten nebeneinander, nämlich die jüdischen Siedler als israelische Staatsangehörige und die transjordanischen Palästinenser als jordanische Staatsangehörige. Das Gebiet selbst sollte aber keinem der beiden Staaten angehören. Es herrscht niemand, und wir werden alle in Frieden nebeneinander leben.

Die Internationale Gemeinschaft hat allerdings offenbar kein Verständnis für diesen Plan.

Yahalom: Wir kritisieren das Verhalten der internationalen Gemeinschaft, besonders Deutschlands, da es uns zur Zeit keine Waffen mehr liefert. Nach allem, was im Zweiten Weltkrieg passiert ist, hätten wir so etwas von Deutschland nicht erwartet.

Akzeptieren Sie Arafat als Führer der Palästinenser?

Yahalom: Arafat ist ein Krimineller, er behauptet, er lehne den Terror ab, und gleichzeitg unterstützt und finanziert er ihn. Mit einem solchen Kerl kann man nicht verhandeln.

Hoffen Sie darauf, daß die Arbeitspartei früher oder später die Koalition verläßt?

Yahalom: Nein, denn in Zeiten des Krieges müssen wir zusammenstehen.

Aber Sie könnten dann ihre politischen Ziele um so ungestörter gegenüber Premierminister Scharon verfolgen.

Yahalom: Ja, aber es geht in diesen Tagen nicht darum, was für die Partei gut ist, sondern darum, was gut ist für das Vaterland.

 

Shaul Yahalom, 55, ist Fraktionsvorsitzender der israelischen National-Religiösen Partei. Der Knessetabgeordnete war von 1998 bis 1999 Verkehrsminister und von 1999 bis 2000 stellvertretender Bildungsminister.

 

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