© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/02 26. April 2002

 
Für ein Jugoslawien bis zum Wörthersee
Österreich: Eine Fernsehdokumentation über "Die Kärntner Partisanen" löst Empörung aus / Haider: "Geschichtsverfälschung"
Carl Gustaf Ströhm

Gott schütze mich vor meinen Freunden - mit meinen Feinden werde ich schon selber fertig! An diese alte Weisheit mag Kärntens Landeshauptmann (und das "einfache FPÖ-Mitglied") Jörg Haider gedacht haben, als der Sturm der Empörung in seinem Bundesland ausbrach. Das Österreichische Fernsehen (ORF) hatte nämlich vergangenen Sonntag eine äußerst fragwürdige "Dokumentation" über "Die Kärntner Partisanen" im Programm. Dabei handelte es sich um jene Angehörigen der slowenischen Minderheit, die sich etwa ab 1943 den jugoslawisch-kommunistischen Partisanen von Josip Tito anschlossen.

In den unwegsamen Wäldern und Schluchten der Karawanken unternahmen die Kärntner Partisanen Aktionen auch gegen deutschkärntner Zivilisten. Bauern auf einsamen Gebirgshöfen wurden überfallen, beraubt und erschossen. Die damaligen deutschen Behörden hatten nicht mehr die Kraft, dem Treiben ein Ende zu bereiten. Angespornt wurden die Partisanen-Aktionen durch eine unsinnige und unmenschliche nationalsozialistische Germanisierungspolitik, welche viele Kärntner Slowenen geradezu in die Arme der Kommunisten trieb.

Bei aller Differenzierung aber bleibt die Tatsache, daß die Kärntner Partisanen auf Tito und den Kommunismus schworen, daß sie den roten Stern auf ihren Mützen trugen, und daß sie sich an keinerlei Kriegsregeln hielten, sondern auch gegen Zivilisten vorgingen. Nach der deutschen Kapitulation 1945 besetzten sie gemeinsam mit anderen Tito-Einheiten weite Teile Südkärntens und errichteten dort eine Schreckensherrschaft. Über 300 Deutschkärntner wurden damals verhaftet und deportiert. Man hat nie wieder etwas von ihnen gehört.

Im Bewußtsein der Deutschkärntner steckt diese furchtbare Erfahrung immer noch - und daher ist alles, was mit dem Begriff "Partisanen" zusammenhängt, in Kärnten von größter Brisanz. Deshalb schlug auch der ORF-Film wie eine Bombe ein. Der Kärntner Landtag protestierte mit überwältigender Mehrheit, und Landeshauptmann Haider sprach von einer "ungeheuren Geschichtsverfälschung". Es gehe nicht an, sagte Haider, daß auch unter der neuen ORF-Führung die "Diffamierung Kärntens" fortgesetzt werde.

Die Ironie will nun, daß der Partisanen-Film unter der Verantwortung der neuen ORF-Generaldirektorin Monika Lindner und des gleichfalls neu bestellten Informationsintendanten Gerhard Draxler gesendet wurde. Die 57jährige Fernsehjournalistin war Wunschkandidatin der Kanzlerpartei ÖVP.

Der 49jährige Anglist und Ex-Kronen Zeitung-Journalist Draxler erhielt seinen Posten auf Betreiben von Haider persönlich. Zuvor war der jetzige Informationsintendant jahrelang Leiter des Kärntner ORF-Landesstudios. Man kann also davon ausgehen, daß Draxler genau wußte, welcher Sprengstoff sich da ansammelte.

Daß Haider von den eigenen Leuten desavouiert wurde, ist - abgesehen einmal von den Implikationen auf Kärntner Landesebene - ein weiterer Beweis für das Trauerspiel nicht-linker Medienpolitik (oder Unpolitik) in Österreich. Der Film suggeriert überdies, daß die Kärntner Partisanen für ein "antifaschistisches Österreich" kämpften. Genau das taten sie nicht: Sie kämpften für den Kommunismus - und für ein Jugoslawien bis zum Wörthersee.


 
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