© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/02 26. April 2002

 
Frisch gepreßt

Versailles 1919. Der Vertrag von Versailles, der in ganz Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg überparteilich als "Schanddiktat" aufgenommen wurde, hat in besonderem Maße die Stabilität der Weimarer Republik beeinträchtigt und den Weg in den Nationalsozialismus vorausgesetzt. Bundespräsident Theodor Heuss faßte es mit dem Zitat zusammen: "Die Geburtsstadt der 'Bewegung' ist nicht München, sondern Versailles." Nun ist bei Herbig eine Neuausgabe des Werkes "Der Vertrag von Versailles" aus dem Jahr 1978 herausgekommen. Neben dem ausführlichen Vertragstext enthält es viele Artikel von zeitgenössischen Politikern wie Scheidemann, Lenin und v.Bethmann-Hollweg , aber auch Schriftstellern wie Thomas Mann, Karl Kraus und Ernst Jünger und ihre Einschätzung sowohl zum Kriegsende als auch zu den Auswirkungen des Vertrages. Interessant sind besonders die Einblicke in Schriftwechsel zwischen David Lloyd George und Georges Clemenceau, die die Absicht der Alliierten unverblümt offenbaren, Deutschland langfristig als politisch relevanten Faktor in Europa auszuschalten (Versailles 1919. Aus der Sicht von Zeitzeugen. München 2002, 416 Seiten, Abb., 29,90 Euro).

Militärgeschichte. Mit großen Erwartungen nimmt man die für den Druck leicht überarbeitete Berner Dissertation von Markus Pöhlmann zur Hand, die verspricht, "Formen und Funktionen der amtlichen Weltkriegsgeschichtsschreibung durch das Reichsarchiv und dessen Nachfolger in vier politischen Systemen" zu untersuchen. Pöhlmann geht es dabei darum, den "Kampf um die Deutungshoheit" über das Kriegerlebnis von "14/18" nachzuzeichnen und die Reichs- wie die Bundesarchivare im "Kulturkampf der Erinnerungen" zu präsentieren. Dabei ist ihm eine gründliche, quellengesättigte, sich aber sich zu stark in kaum überschaubare Details von "Fallbeispielen" verlierende Studie gelungen, die leider auch von störenden, antimilitärischen Affekten begleitet wird, denen Pöhlmann in Richtung Reichswehr und Wehrmacht freien Lauf läßt. Das Kapitel über die "Remilitarisierung der amtlichen Kriegsgeschichtsschreibung nach 1933" fällt zudem doch arg kurz aus (Kriegsgeschichte und Geschichtspolitik: Der Erste Weltkrieg. Die amtliche deutsche Militärgeschichtsschreibung 1914 -1956. Schöningh Verlag, Paderborn 2002, 421 Seiten, geb., 52 Euro)


 
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