© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/02 03. Mai 2002

 
Die Prominenz meidet Magdeburg
Sachsen-Anhalt: CDU-Wahlsieger Böhmer kann nur auf Politiker der zweiten Reihe zählen
Matthias Bäkermann

Bereits wenige Tage nach der Landtagswahl haben die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und FDP begonnen. Bis zum 16. Mai sollen diese nach Aussage des designierten Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer (CDU) und der sachsen-anhaltinischen FDP-Vorsitzenden Cornelia Pieper beendet sein. Obwohl Pieper als Kandidatin für das Ministerpräsidentenamt angetreten war, hat sie direkt zu Beginn der Koalitionsverhandlungen den stärkeren Koalitionspartner für dieses Amt akzeptiert.

Ungleich schwerer dürfte sich die Verteilung der Ressorts gestalten. Schon am vergangenen Wochenende hat die Mitteldeutsche Zeitung aus Halle einen Kabinettsentwurf vorgestellt. Als enger Mitarbeiter Böhmers ist der Rechtsanwalt Rainer Robra (CDU) als Chef der Magdeburger Staatskanzlei im Gespräch. Als zukünftigen Innenminister Sachsen-Anhalts handelt das Hallenser Blatt den 48jährigen Diplomingenieur Thomas Webel, der für die Union seit zwei Legislaturperioden im Innenausschuß sitzt. Als BaumMinister sei der ehemalige Minister für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen im Kabinett von Christoph Bergner von 1991 bis 1994, Karl-Heinz Daehre (CDU), vorgesehen. Auch die voraussichtliche Landwirtschaftsministerin Petra Wernicke hatte bereits Erfahrungen in ihrem Ressort sammeln können. Die 49jährige Unionspolitikerin war ebenfalls im Kabinett Bergner vertreten.

Ein neues Gesicht würde Ministerpräsident Böhmer mit dem bisherigen Oberbürgermeister von Naumburg, Curt Becker, als neuen Justizminister präsentieren. Insbesondere im Zusammenhang mit juristischen Altlasten ist der gebürtige Naumburger bestens vertraut. Der promovierte 65jährige Jurist wuchs in Westdeutschland auf und war nach seinem Assessorexamen Staatsanwalt bei der Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen. Die FDP hat bereits angekündigt, daß sie eventuell auf ihr "klassisches" Ressort Justiz verzichten würde, um dafür den künftigen Umweltminister zu stellen, da die FDP dort mehr Gestaltungsmöglichkeiten sieht.

Zumindest für das in Sachsen-Anhalt so wichtige Wirtschaftsressort wollte der künftige Ministerpräsident einen prominenten Namen vorstellen. Letzte Woche war Böhmers Berater, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Johannes Ludewig, im Gespräch, der jedoch den Posten eines Bahndirektors in Brüssel dem schwierigen Amt in Magdeburg vorzog und seinem Freund Böhmer einen Korb gab. Zumindest dürfte es nun zu keinem Konflikt zwischen den Koalitionspartnern kommen - die FDP könnte nun ihren Kandidaten Horst Rehberger als künftigen Minister durchsetzen, der ebenfalls schon in der Vergangenheit mit diesem Amt betraut war (1990/93). Für das Kultusministerium ist Karl-Heinz Paqué (FDP) im Gespräch. Die Besetzungen der schwierigen Ressorts Finanzen und Arbeit/Soziales sind noch völlig offen. Bisher hat sich noch niemand für diese "heißen Stühle" anbieten mögen. Diese Posten dürften damit erst am Schluß der Koalitionsverhandlungen verteilt werden. 


 
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