© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/02 17. Mai 2002

 
Aufmarsch der Massen
Kino: "Star Wars: Episode II - Angriff der Klonkrieger" von George Lucas
Claus -M. Wolfschlag

Als 1977 die Science-Fiction-Produktion "Star Wars" der Öffentlichkeit präsentiert wurde, kam es zu einer Welle der Begeisterung. Noch nie zuvor hatte man Weltraumabenteuer in derart rasanter Form mit Action und tricktechnischen Effekten verbunden. Die Geschichte der Familie Skywalker begeisterte Millionen. Als der als Regisseur und Produzent hervorgetretene George Lucas sich 1999 mit "Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung" eine Fortsetzung der alten Weltraumtrilogie schuf, führte dies nicht nur unter Nostalgikern zu ungeahnter Euphorie. Mehrere Generationen stürmten die Kinokassen und erlebten ein Spektakel der Extraklasse. Nun ist der nächste Teil der Weltraumsaga unter dem Titel "Star Wars: Episode II - Angriff der Klonkrieger" erschienen.

Zehn Jahre nach den Ereignissen von "Episode I" wird die Republik immer noch von Konflikten erschüttert. Der Weltfrieden ist immer noch nicht erreicht und wäre womöglich auch viel zu langweilig für hohe Einspielergebnisse an den Kinokassen. Also spiegelt diesmal eine Separatistenbewegung die Bedrohung für die Einheit der Galaxis wider. Es kommt zu Terroranschlägen, mit denen auch ein arabisch aussehender Kopfgeldjäger zu tun zu haben scheint. Die bekannten Helden Padmé Amidala, Obi-Wan Kenobi und Anakin Skywalker treffen wieder aufeinander. Padmé (Natalie Portman), frühere Königin von Naboo, ist nun - ganz demokratisch - eine ehrwürdige Senatorin geworden. Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) ist vom Schüler zum Jedi-Lehrmeister aufgestiegen. Anakin Skywalker (Hayden Christensen), nun zehn Jahre älter, entdeckt die außergewöhnlich bezaubernde Aura Padmés und entwickelt vor der romantischen Kulisse des Comer Sees - verständlich angesichts der eleganten Ausstrahlung Natalie Portmans - Herzensgefühle. Damit alles nicht zu einfach wird, die Liebe kämpfen muß, bilden Pflichterfüllung, Ehrgefühl und sittliche Verbote größere Hürden, die gemeistert gehören. Und schließlich muß auch erst der Kampf der Jedi-Ritter gegen die geklonten Legionen der Feinde der Galaktischen Republik geschlagen werden.

Die dargestellte Geschichte führt in die Zeit nach "Episode I" von 1999, aber vor "Krieg der Sterne" von 1977. Dieser verwirrende Umstand ergibt sich aus der bemerkenswerten Tatsache, daß Lucas 1977 nicht mit Folge 1 der ursprünglich neunteilig geplanten Weltraumsaga begann, sondern mit Folge 4. Die in den siebziger und achtziger Jahren abgedrehte Trilogie (Folge 4 bis 6) beschreibt also die Abenteuer des jungen Luke Skywalker, während die seit 1999 in Angriff genommene neue Trilogie in die Vergangenheit zurückgeht und sich des Lebens von Lukes Vater Anakin annimmt. Die Vergangenheit des Vaters offenbart sich demnach, durch den tricktechnischen Fortschritt der letzten Jahre bedingt, glamouröser und raffinierter als die (20 Jahre früher abgedrehte) Lebenswelt des Sohnes.

In der Chronologie der Geschichte betrachtet ein unfreiwilliges Entgegenkommen gegenüber der These vom beständigen Niedergang des Kulturwesens Mensch. Ob die End-Trilogie (Folge 7 bis 9) jemals erscheinen wird, steht in den Sternen, eine "Episode III" wird angesichts des zu erwartenden Profits aber nicht allzu lange auf sich warten lassen.

Bediente sich Lukas schon bei seinem Erstling von 1977 diverser Versatzstücke aus anderen Filmen, wie Fritz Langs "Metropolis", so erinnert nun zum Beispiel der Sprung in die Tiefe der mit Fluggefährten übersäten Mega-City-Straßenschlucht stark an Milla Jovovich in Luc Bessons "Das fünfte Element". Doch nicht das Plagiatorische, auch nicht der universalistische Denkansatz trüben die Freude angesichts des teuren Trickmeisterwerks. Es ist vielmehr die geistlose Aneinanderreihung der immer gleichen Story-Strickmuster in Lucas' Filmmaschinerie.

Da ist wieder einmal der verschlagene Feind, der den standhaften Helden ins eigene Boot herüberzuziehen versucht und nach seinem Scheitern den ungeschminkt bösartigen Charakter nach außen kehrt. Da ist wieder einmal der gefangene Held, der aber nicht umgehend umgebracht wird, sondern dessen Tod erst mit Getöse und Fantasie initiiert wird, so daß er wieder Gelegenheit erhält, zu fliehen, den Spieß erneut umzudrehen und seinen Peiniger letztlich doch zu bezwingen. Der Geschichte sollte demnach nicht allzu viel Beachtung geschenkt werden, intellektuell orientierte Science-Fiction-Streifen werden angesichts der allgemeinen Kommerzialisierung, Action- und Tricktechnik-Begeisterung seit den letzten 20 Jahren bedauerlicherweise kaum noch gedreht. Schlachtengemälde bestimmen die Szenerie, in "Episode II" geraten sie gar zum Massenaufmarsch in Anlehnung an monumentalistische Antike-Verfilmungen der fünfziger Jahre.


 
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