© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/02 24. Mai 2002

 
Beschlüsse sind egal
Frankfurt am Main: Vetternwirtschaft bei der SPD
Siegfried Übach

Rote Vetternwirtschaft" wirft der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion in Frankfurt am Main, Marcus Bocklet, dem städtischen Sozialdezernat vor. Im konkreten Fall trifft der Vorwurf den SPD-Sozialdezernenten Franz Frey. Frey hatte eigenmächtig und ohne Wissen des Stadtparlaments kurz vor Weihnachten 58.000 Euro an das Pädagogisch-Psychotherapeutische Beratungs- und Fortbildungszentrum vergeben.

Gegründet und ehrenamtlich geleitet wird das Zentrum von Günter Feldmann, dem 81jährigen Vater des sozialpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion im Römer, Peter Feldmann. Die Vertreter von CDU, Grünen und FDP übten nun im Sozialausschuß scharfe Kritik an Freys Handlungsweise und warfen ihm mangelnde Transparenz vor. Pikant, sind jene Parteien doch in einer großen Magistratskoalition mit der SPD verbunden. Aber auch aus den kleinen Oppositionsfraktionen, wie den Republikanern, war harscher Unmut zu vernehmen. Nicht nur die Mittelvergabe führte zur Schelte für Frey, sondern auch, daß er es unterlassen hatte, die Trägerschaft für die Beratung russisch-jüdischer Zuwanderer öffentlich auszuschreiben, also Wettbewerb mit anderen Vereinen zuzulassen.

CDU-Vertreter monierten, daß Frey bei der Auszahlung des Betrags den Willen der Stadtverordneten hintergangen hätte. Schließlich hatte der Sozialausschuß einem Antrag der SPD-Fraktion, die dem Beratungszentrum, zusätzlich zu den bisher jährlich überwiesenen 61.000 Mark, für ein neues Aufgabengebiet 150.000 Mark (76.700 Euro) zuschießen wollte, nicht zugestimmt. Statt dessen war der Magistrat beauftragt worden, das Konzept zu prüfen, darüber zu berichten und die Aufgabe einer Beratung russisch-jüdischer Zuwanderer unter den freien Trägern auszuschreiben. "Die SPD hat einen Antrag gestellt, keine Mehrheit bekommen und dann werden die Gelder von hinten durch die kalte Küche bewilligt", warf Markus Bocklet von den Grünen Frey vor. Er äußerte die Vermutung einer geheimen Abmachung zwischen den Sozialdemokraten Frey und Feldmann junior. Frey zeigte kein Schuldbewußtsein, sondern verteidigte sein Vorgehen mit dem Hinweis, daß ohne das Geld die Arbeit der Beratungsstelle, die sich um traumatisierte Personen kümmere, die in ihrer russischen Heimat wegen ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt worden seien, in Gefahr geraten wäre.

Dabei wären nur finanzielle Restmittel überwiesen worden, "die sonst verloren gegangen wären". Frankfurt am Main, eine Stadt im finanzpolitischen Schuldenstrudel, deren SPD-Sozialdezernent nach Gutsherrenart Gelder an ausgesuchte, mit Parteifreunden verbandelte Institutionen verschiebt. Gelder, die ja sonst "verloren gehen" würden. Die Fraktion Freie Wähler-BFF schlug Frey im Verlauf der hitzigen Debatte vor, einfach seinen Fehler einzugestehen. Das tat der Sozialdemokrat nicht und nährte dadurch den Generalverdacht, daß hier eine anscheinend übliche SPD-Geldverschiebepraxis aufgedeckt wurde, bei der 58.000 Euro nur einen geringen Betrag darstellen dürften.


 
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