© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/02 07. Juni 2002

 
Cicciolina blieb chancenlos
Italien: Berlusconis Bündnis bei Kommunalwahlen bestätigt / Linke siegen in Genua
Christian Roth

Das Medien-Echo innerhalb der EU war bescheiden. Die Ergebnisse der italienischen Kommunalwahlen waren vielen Zeitungen nicht mehr als eine Randnotiz Wert. Wurde der Urnengang von immerhin einem Viertel der italienischen Bevölkerung im Vorfeld "zum ersten großen Test" für die Mitte-Rechts-Regierung unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi erkoren, so übten sich die Kommentatoren nach dem Bekanntwerden der Ergebnisse in Zurückhaltung. Denn die von vielen beschworene Niederlage für Belusconis Wahlbündnis "Casa delle Libertà" (Haus der Freiheiten) ist ausgeblieben.

Seit gut einem Jahr ist die Regierung des Mailänder Medien-Zaren im Amt und entgegen aller Unkenrufe aus dem In- und Ausland steht die Koalition aus Berlusconis Forza Italia, Alleanza Nazionale (AN), der christdemokratischen UDC und Umberto Bossis Lega Nord, stabil. "Immerhin", so bilanzierte Oppositionsführer Francesco Rutelli, "haben wir unsere Position gehalten. Die italienische Linke lebt."

Rund zwölf Millionen Menschen waren in knapp 1.000 Gemeinden wahlberechtigt. In Rom, Mailand, Turin oder Neapel standen aber keine Wahlen an. Nimmt man die nackten Zahlen zum Maßstab, dann hat sich an den Kräfteverhältnissen nicht viel geändert. Beide Blöcke konnten ihre Bastionen fast durch die Bank halten. Das Mitte-Rechts-Bündnis siegte in elf von 22 Provinzhauptstädten. Die linke Ulivo-Opposition lag in sechs Städten vorne. In fünf weiteren Kommunen, darunter Verona, sind am 10. und 11. Juni zweitägige Stichwahlen nötig. Bei den Wahlen in zehn Provinzen verzeichnete das Berlusconi-Bündnis vier Siege. Drei Provinzen gingen an die Mitte-Links-Parteien, während in drei weiteren Stichwahlen nötig sind. Im Wahlkampf stand der Wettbewerb lokaler Kandidaten und örtlicher Belange im Vordergrund. So konnte sich in der ligurischen Hafenstadt Genua, einer traditionellen Hochburg der Linken, Amtsinhaber Guiseppe Pericu mit 60 Prozent der Stimmen überraschend deutlich durchsetzen. Dies lag vor allem daran, daß sich das rechte Lager nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen konnte und die Forza Italia nur von der AN unterstützt wurde, während Bossis Lega Nord einen eigenen Mann ins Rennen schickte.

Dort, wo die Rechte geschlossen antrat, war sie durchweg erfolgreich und siegte beispielsweise in Parma. Der spektakulärste Erfolg gelang ihr zweifelsohne in Reggio Calabria, wo bereits im ersten Wahlgang die jahrzehntelange linke Vorherrschaft gebrochen werden konnte. Hilfestellung erhielt der Berlusconi-Block im Süden unter anderem vom "Mussolini-Fanklub" Fiamma tricolore. Die kleine Traditionalisten-Truppe um dem ehemaligen Duce-Sekretär Pino Rauti und den jungen Universitätslehrer Luca Romagnoli hat die Umwandlung der postfaschistischen Sozialbewegung MSI in die verfassungstreue, rechtsdemokratische Alleanza Nazionale um den heutigen Vizepremier Gianfranco Fini nie akzeptiert und unterstützt die Rechte nur partiell.

Die bunte Koalition im Süden hat der Regierung einigen Ärger eingebracht. "Berlusconi und Fini betonen ständig ihre Verfassungstreue und ihre Nähe zu den europäischen Bürgerlichen um Aznar oder Chirac. Es bleibt ihr Geheimnis, wieso sie sich nicht so eindeutig von der Fiamma distanzieren, wie es Chirac von Le Pen getan hat. Dabei sind die Faschisten doch ohne nennenswerte Stärke", schrieb die Tageszeitung La Stampa. Ebenfalls interessant ist die Kräfteverschiebung innerhalb des Koalitionslagers. Die Forza Italia hat an Stärke eingebüßt, Alleanza Nazionale und UDC konnten ihre Stellung halten. Großer Sieger ist aber die Lega Nord, die im Norden teilweise um bis zu acht Prozentpunkte zulegen konnte. Den neuen Aufschwung nutzte der jetzige Reformenminister am Wochenende gleich zu einer Kraftprobe mit der UDC in der Einwanderungsfrage. Die Christdemokraten wollten illegal in Italien lebenden Ausländern die Möglichkeit des unbefristeten Aufenthalts einräumen, sofern sie ein geregeltes Arbeitsverhältnis nachweisen können. "Damit machen wir aus Italien das Land Sanatorien", höhnte Bossi und kündigte massiven Widerstand an. Daß es schließlich doch nicht zur ersten großen Zerreißprobe der Regierung kam, lag an Berlusconis persönlicher Vermittlung, die dazu führte, daß die UDC ihren Antrag zurückzog. Damit trug der Ministerpräsident der neuen Stärke Bossis Rechnung.

Eine andere Polit-Karriere ist dagegen gescheitert. Die frühere Pornodarstellerin Ilona Staller mußte eine herbe Niederlage hinnehmen. Die unter ihrem Künstlernamen "Cicciolina" bekannte gebürtige Ungarin scheiterte bei den Bürgermeisterwahlen in Monza mit 1,5 Prozent und kündigte ihren Rückzug aus der Politk an.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen