© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/02 14. Juni 2002

 
Kolumne
Ausgewichen
Andreas Mölzer

Da wollte man Jörg Haider, Landeshauptmann von Kärnten, also Ministerpräsident eines Landes, von Seiten der ach so seriösen Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu einer europapolitischen Diskussion einladen. Er sollte Journalisten Rede und Antwort stehen, warum denn die Bürger mit diesem neuen Europa so unzufrieden seien und zunehmend bösen "Rechtspopulisten" ihre Stimme geben. Ein wahrhaft harmloses Unterfangen - in Zeiten des Wahlkampfes aber für die Granden des bundesdeutschen Polit-Establishments viel zu brisant. Da ließ dann Angela Merkel wissen, sie wolle mit dem schrecklichen Österreicher nicht in Berührung kommen. Und Joschka Fischer ließ verlauten, er könne die Veranstaltung nicht mit seiner Gegenwart beehren, wenn Haider mit dabei sei. Dieser konterte damit, daß jemand, der einst mit gewalttätigem Links-Radikalismus zu tun hatte, nicht den Sittenrichter zu spielen habe. Erleichtert nahm man diese verbale Attacke des Kärntner Landeshauptmanns von Seiten der Veranstalter in der Chefetage der FAZ zu Kenntnis, hatte man nun doch endlich den Vorwand, ihn auszuladen: Haider habe den deutschen Außenminister insultiert und damit das Recht verwirkt, am FAZ-Diskurs teilzuhaben.

Quod licet Joschka, non licet Jörg. In Zeiten, da Herr Schirrmacher Walser nicht vorabdrucken will, mögen die hohen Priester des bundesdeutschen Qualitätsjournalismus verständlicherweise auch den Kärntner Rechtspopulisten nicht zu Wort kommen lassen. Gewiß, der deutsche Außenminister hat zuvor mehr oder weniger direkt Beleidigendes über den Kärntner Landeshauptmann, den Ministerpräsidenten eines EU-Mitgliedslandes also, geäußert. Ihn deshalb zu rügen, stand innerhalb der FAZ offenbar niemals zur Diskussion. Daß der Kärntner dann rüde zurückschlug, anstatt demütig innezuhalten, war dann eben willkommener Anlaß, den unliebsamen Gast loszuwerden.

Political correctness, und das noch dazu in Zeiten des Wahlkampfs. Was hätten wir anderes erwarten können. Ein - so hoffen wir - resozialisierter linksextremistischer Gewalttäter hat da allemal ganz andere Rechte, als die österreichische Ikone des europäischen Rechtspopulismus. Wo kämen wir denn da sonst hin: Da könnte ja sonst gleich Jürgen Möllemann seinen Doktor Goergen, alias Mister Fliszar, zu irgendeiner FAZ-Talk-Show entsenden. Wer am politischen Diskurs teilnehmen darf, das entscheidet noch immer das politisch-mediale Establishment. Und Ausrutscher wie offenbar die an Haider ergangene Einladung einer war, müssen künftig tunlichst vermieden werden. Ein Antisemit, wer da von linkem Tugendterror spricht.


 
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