© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/02 14. Juni 2002

 
WIRTSCHAFT
Umstrittene EU-Gelder für Palästinenser
Bernd-Thomas Ramb

Die palästinensische Autonomiebehörde erhält von der EU seit einem Jahr monatlich zehn Millionen Dollar, nachdem die israelische Regierung die Weiterleitung von Zoll- und Steuereinnahmen an die palästinensische Verwaltung eingestellt hatte. Die Hilfsgelder dienen laut EU-Kommissar Chris Patten vor allem der Bezahlung palästinensischer Beamter und der Grundversorgung im Bereich Gesundheit und Bildung. Nun werden von zwei deutschen Unions-Abgeordneten aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament Vorwürfe erhoben, die EU-Gelder würden direkt oder indirekt für Waffenkäufe, Propaganda gegen Israel und Entschädigungen von Familien der Selbstmordattentäter mißbraucht. Die Zahlungen sollen, so der Wunsch der Straßburger Parlamentarier, bis auf weiteres eingestellt werden.

Die Anklagepunkte sind allerdings wenig präzise. Waffenkäufe können der palästinensischen Polizei dienen, als Propaganda gegen Israel kann schon die Aufklärung der Bevölkerung angesehen werden, welche Städte zur Zeit von der israelischen Armee besetzt sind, und als Entschädigung von Familien der Selbstmordattentäter läßt sich jede Sozialhilfe für deren Angehörige interpretieren. Noch diffuser wird die Klage durch die Einbeziehung indirekter Effekte. Überspitzt formuliert wäre selbst eine Naturallieferung, etwa von Getreide, zur Ernährung der Palästinenser eine indirekte Unterstützung von terroristischen Selbstmordattentätern. Damit würde ein ganzes Volk für die Unrechtshandlungen einiger Fanatiker in Haft genommen.

Entweder ist Arafat für die fürchterlichen Selbstmordattentate mitverantwortlich, dann sind sofort alle Zahlungen einzustellen - oder nicht. Dann aber tut die EU gut daran, die palästinensische Verwaltung am Leben zu erhalten.


 
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