© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de   25/02 14. Juni 2002


Blick in die Medien
Boykott
Ronald Gläser

„Was darf man in Deutschland heute überhaupt noch sagen?“ Mit diesen Worten begrüßte der RTL-Nachtjournal-Moderator Heiner Bremer letzte Woche seine Zuschauer. Der folgende Beitrag setzte sich mit dem Streit um den jüngsten Walser-Roman noch vor dessen Veröffentlichung auseinander. Der Suhrkamp-Verlag veröffentlichte eine fast unterwürfige Begründung für den Druck des Buchs „Tod eines Kritikers“. Aus dem Verlagshaus hieß es, die Vorurteile gegen das literarische Werk seien „überzogen“. Die FAZ widerruft eine Einladung zu einer Podiumsdiskussion mit Jörg Haider. Der österreichische Landeshauptmann habe sich unakzeptabel über den deutschen Außenminister geäußert. Haider hatte gesagt, er diskutiere nicht gerne mit jemandem, der „offene Sympathien für Terroristen hege“. Man fragt sich wirklich, wieweit die Meinungsfreiheit durch das Konglomerat der Medien und Staatsanwälte eingeschränkt wird. Der Trend der letzten Jahre, Menschen mundtot zu machen, hat eine erstaunliche Eigendynamik gewonnen. Selbst der Liberale Möllemann ist ja mittlerweile wegen Volksverhetzung von der Grünen Parteichefin Claudia Roth angezeigt worden. In Amerika mobilisieren jüdische Organisationen zu Boykottmaßnahmen gegen Zeitungen wie die New York Times. Nach einem Monat trug dies Früchte. Ausbleibende Inserate haben Verleger dazu gebracht, eine Israel-freundlichere Berichterstattung anzuordnen. Heiner Bremers eingangs gestellte Frage stellt sich nicht nur in Deutschland.


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