© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/02 28. Juni 2002


Blick in die Medien
Leichtsinn
Ronald Gläser

Erfreuliche Nachrichten hat ein einziger TV-Sender zu verkünden. Seit Beginn der Fußball-WM gewinnt der freiwillige Bezahlsender Premiere täglich "eine Kleinstadt als Neukunden", so Firmenchef Koffler. Mit 2.500 Einwohnern ist das zwar eine kleine Kleinstadt, aber immerhin. Ansonsten wird Trübsal geblasen, wohin man auch schaut. Journalisten auf Arbeitssuche haben es gerade sehr schwer. Die FAZ stellt ihre Berliner Seiten ein und kündigt über hundert Mitarbeitern. Massenentlassungen stehen auch bei der bekannten Nachrichtenagentur Reuters unmittelbar bevor. Der Holzbrinck-Verlag beerdigt sein Anlegermagazin Die Telebörse. Andere Medien müssen sich mit dem Jugendschutz auseinandersetzen. Seit sich ein pubertierender MTV-Zuschauer selbst verletzt hat, steht der Musiksender unter Rechtfertigungsdruck. Zwei Sendungen von MTV verstoßen nach Ansicht der Jugendschützer gegen Schutzbestimmungen. In der "Freak Show" und "Jackass" werden Mutproben gezeigt. Da probieren Moderatoren einen Elektroschocker an sich selbst aus oder sie zünden sich an. Die Sendung ist aber nicht untersagt worden. Sie wurde lediglich an einen späteren Sendetermin verbannt. Exzesse von Leichtsinn und Anstiftung sollen die deutsche Jugend offenbar gezielt verblöden. Ein anderes Negativbeispiel für Medien, die von Jugendlichen konsumiert werden, bietet der Berliner Radiosender Kiss FM. Er wirbt mit dem Slogan "Deine Eltern werden kotzen!" Der implizierte Verstoß gegen dieses und alle anderen christlichen Gebote verursacht bei uns einen Brechreiz. 


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