© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/02 05. Juli 2002


Metaphysik des Sexus
von Alexander Barti

Von den Grünen ist man ja einiges gewohnt, seitdem ihre Vertreter in den finanziell gut gepolsterten Ministersesseln Platz genommen haben. Aber wer nun glaubt, daß Feuerwerk der grünen Lebenslügen sei abgebrannt, der irrt gewaltig. Die Landesfachgruppe "Frauen für Gleichstellungspolitik" in Sachsen-Anhalt ist zu dem sensationellen Ergebnis gekommen, daß man auch "generelle Koedukation" - also das gemeinsame Lernen von Mädchen und Jungen - hinterfragen müsse. Und weiter: "Gerade eine geschlechtsspezifische Lernkultur bereichert sowohl die Vermittlung von Inhalten als auch das Herangehen an fachliche Probleme im Unterricht. Die gleichwertige, aber unterschiedliche Lösungskompetenz von Jungen und Mädchen eröffnet neue Möglichkeiten."

Das Eingeständnis der Grünen ist nicht weniger als die Bankrotterklärung des "emanzipatorischen" Lehrbetriebs, den die Alternativen aus den viel älteren Lebensreformbewegungen linker Provenienz weitergetragen haben. Mit welcher Vehemenz eine geschlechterspezifische Erziehung (Klosterschulen!) von den Gleicheitsfanatikern bekämpft wurde, erfährt man nur noch aus den Geschichtsbüchern; dabei war sie seit Jahrhunderten die normalste Form der Bildung. Denn hochstehende Kulturen wußten immer schon, daß die geschlechtliche Differenz - die Metaphysik des Sexus - mehr ist als "Sozialisation" und "Patriarchat". Mit ihrer Einsicht haben die sachsen-anhaltinischen Grünen die "Konservativen" grandios übertrumpft, man muß ihnen in dieser Frage aufrichtig Erfolg wünschen.


 
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