© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/02 05. Juli 2002

 
Gigantische Luftschlösser
Leo, geh du voran: Der französische Medientycoon Jean-Marie Messier muß seinen Hut nehmen
Richard Stoltz

Der "französische Leo Kirch", Jean-Marie Messier, ist nun ebenfalls am Ende. Sein Medienkonzern "Vivendi Universal" hat zwar (noch) keine Insolvenz angemeldet, steht aber bereits mit (mindestens) vierzig Milliarden Euro in der Kreide. Messier muß gehen, das ist die unmißverständliche Forderung der Gläubiger.

Beide "Medienhaie", Kirch wie Messier, kamen aus gewissermaßen wässrigen Gegenden, Kirch aus der Winzerei, Messier aus der schlichten Wasserwirtschaft. Heute ist klar: Der Franzose hätte unbedingt und exklusiv bei der Wasserversorgung bleiben sollen. Doch es zog ihn zu Höherem.

Üppig mit dem "Charme der New Economy" ausgestattet, stieg er mit Riesenschritten in die Medienbranche ein, stürzte sich in wahnwitzige Schulden, um sich alles mögliche unter den Nagel reißen zu können: Hollywoodstudios, Bezahl-Fernsehen, Zeitungs- und Buchverlage. Sein Haus firmierte zuletzt als "zweitgrößter Mediengigant der Welt", gleich hinter AOL/Time Warner. Doch es waren gigantische Luftschlösser.

Es scheint an der Zeit, daß die "Haie", die Gangster und Abzocker, endlich aus dem Mediengeschäft verschwinden. Bücher, Zeitungen, Filme, Fernsehnachrichten - sie bestehen nicht aus Wasser oder schlechtem Wein, den man durch bloßes Ab- und Umfüllen, mit neuen Etiketten versehen, ungeniert unter die Leute bringen kann. Die Krise, in der die ganze Branche steckt, ist der Beweis dafür.

Wenn sich nicht grundsätzlich etwas ändert, wird sich diese Krise immer tiefer einfressen und zu katastrophalen Verhebungen führen. Mit dem Verschwinden von Kirch und Messier allein ist es nie und nimmer getan. Nicht nur die Führungsfiguren, die ganze Firmenphilosophie muß sich ändern.


 
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