© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/02 05. Juli 2002

 
Zeitschriftenkritik: Enpunkt
Die letzten lustigen Anarchos
Claus-M. Wolfschlag

Das DIN A5-Blättchen Enpunkt besitzt humoresken Unterhaltungswert. Humorvolle Linke - ein selten gewordenes Phänomen. Nicht jene zynischen Verlautbarungen aus "Antifa"-Mund, sondern anarchischer Witz mit beinahe buddhistischer Gelassenheit als Seelenhintergrund. Enpunkt steht der gesellschaftspolitisch oft inakzeptablen Anarchistischen Pogo Partei Deutschlands nahe. Das schlägt sich in Leserbriefen nieder, zum Beispiel bei einem Finanzbeamten, der das APPD-Prinzip verinnerlicht hat: "...arbeitslos bei vollem Lohnausgleich. Ich hoffe, Du bist stolz auf mich!" Antwort: "Und wie! Vor allem bin ich grenzenlos neidisch. Aber wir schaffen das auch noch...."

Blattmacher ist Klaus N. Frick aus Karlsruhe, ehemals Mitarbeiter des "autonomen" Musik-Magazins ZAP und Autor des Buches "Vielen Dank, Peter Pank". Frick schreibt für Alt-Punker und bekennt, durch sein "Punk"-Verständnis mittlerweile ein "konservativer Mensch" zu sein: "Vielleicht ist es auch der Grund, daß ich mich weigern will, endlich so erwachsen zu werden, wie es mir mein biologisches Alter eigentlich vorschreibt." Schließlich seien Punks von jeher ein "aufmüpfiges Volk", "nicht immer intelligent und intellektuell, aber immer für einen groben Spaß genug".

In Enpunkt findet man zwar auch die übliche linke Werbung für "antifaschistische Infotelefone", die üblichen Antifa-Plädoyers gegen rechte Musiker, die die saubere linke Party-Subkultur unglaublich zu stören scheinen. Doch im Prinzip gehört man zur eher unpolitischen Hardcore-Fraktion: "Ich scheiße auf jede Art von Bewegung, natürlich nur politischer Art, ähm. Und wenn Punk eine Bewegung werden sollte, habt ihr mich gesehen. Aber dazu ist gottseidank die Trägheit der Punx selbst viel zu groß. Ein gutes muß der häufige Konsum von Pogo-Musik und Drogen ja haben, grins." So hält Frick als Nichtraucher ein Plädoyer für's Rauchen, um den US-Gesundheitsaposteln eins auszuwischen: "Die Amis haben eben nicht nur in punkto Imperialismus und schlechte Ernährung die Ärsche offen."

Nachwuchs-Linke finden wenig Anerkennung bei den alten Punk-Recken der ersten Generation. "Schlabberhosendeppen" mit "dummen bunten Haaren" und "scheißeblasierten Gesichtern" seien sie: "Kein Stil, keine Haltung, kein Punkrock. Ich war kurz davor, ihnen allen in die Fresse zu treten." Ebenso erfährt man vom Streit zwischen Traditionalisten und Modernisten im linken Hardcore-Bereich. Fricks "Dumpfbacken"-Szene auf der einen, "Spießer" Martin Büsser, ein langjähriger "Antifa"-Mitstreiter von ZAP, auf der anderen Seite. Zudem bietet das Blatt zahlreiche Erlebnisse von Punk-Veranstaltungen, von Bands mit anheimelnden Namen wie "Pestpocken", Hintergründiges zu tansanischem Bier, Besprechungen von Schrammelrock-Platten, die textlich bisweilen allerdings die Grenzen der Geschmacklosigkeit weit überschreiten, Buch- und Zeitschriftenrezensionen, Reiseberichte.

Enpunkt. Zeitschrift für angewandtes Spießertum, c/o Klaus N. Frick, Postfach 2468, 76012 Karlsruhe. Das Heft erscheint unregelmäßig und kostet 1 Euro.


 
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