© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/02 05. Juli 2002

 
Frisch gepresst

August 1961. Verglichen mit dem recht kurzlebigen Dritten Reich hatten die kommunistischen Machthaber Ost-Berlins ausreichend Zeit, um ihr System so fest zu etablieren, daß man ihre Herrschaft wirklich als "total" bezeichnen kann. Die durch jüngste Restriktionen des Stasi-Unterlagengesetzes arg behinderte DDR-Forschung wird allerdings noch ermitteln müssen, ob die Blütezeit dieses SED-Totalitarismus nicht erst mit dem Mauerbau begann, und warum dann ausgerechnet in der weitgehend gleichgeschalteten sozialistischen Einheitsgesellschaft jene Widerstandspotentiale heranwuchsen, die das Regime 1989 in die Grube fahren ließen. Bis zum Mauerbau hätte man diese Implosion soziologisch jedenfalls besser erklären können. Denn, wie Hermann J. Rupiepers ungemein eindrückliche Dokumentation über die Reaktionen auf den 13. August 1961 unter Dozenten und Studenten der Universität Halle zeigt, haben bürgerlich dominierte Rückzugsräume die Sowjetisierung der mitteldeutschen Hochschulen erstaunlich unbeschadet überstanden - wobei die Mediziner, die nach 1933 den größten NS-Enthusiasmus an den Tag legten, sich in ihrer antikommunistischen Renitenz noch vor den Naturwissenschaftlern auszeichneten. Eine Kontinuität, die Rupieper in seiner ansonsten instruktiven Einleitung leider nicht thematisiert ("Es gibt keinen Ausweg für Brandt zum Krieg". August 1961 an der Martin-Luther-Universität, Mitteldeutscher Verlag, Halle 2002, 192 Seiten, 20,50 Euro).

Global brutal. Wenn die Analyse des Globalismus, die Michel Chossudovsky auf knapp 500 Seiten vorträgt, auch nur in Ansätzen zutrifft, dann befindet sich die Weltgesellschaft mitten in der Apokalypse. Der altlinke Buchversand Zweitausendeins gibt sich in großformatigen Anzeigen wenigstens alle Mühe, solche Assoziationen zu provozieren. Was die "Allianz der Reichen" unter der Regie der "Eroberungskriege" führenden USA täglich exerziere, sei nichts anderes als "ökonomischer Völkermord", der Armut, Umweltzerstörung, soziale Apartheid und ethnische Konflikte mit sich bringe. Weltbank und IWF unter US-Ägide untergraben systematisch alle Bereiche der Dritte-Welt-Ökonomien und reetablieren den Kolonialismus des 19. Jahrhunderts (Global brutal, Zweitausendeins, Frankfurt/M. 2002, 477 Seiten, 12,75 Euro).


 
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