© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/02 09. August 2002

 
PRO&CONTRA
Den Internationalen Strafgerichtshof unterstützen?
Jack Straw / Niangping Li

Vor dem Internationalen Strafgerichtshof werden sich - unbesehen ihres Ranges oder ihres Amtes - alle diejenigen verantworten müssen, denen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord vorgeworfen werden. Zukünftig werden Tyrannen wissen, daß sie sich nicht außerhalb der Reichweite der internationalen Justiz befinden, sondern für ihre Handlungen belangt werden können. Zum ersten Mal werden die Opfer ihrer Verbrechen sich darauf verlassen können, daß sie Anspruch auf echte Gerechtigkeit haben. Allzu lange sind Vergehen gegen die Menschenrechte nicht bestraft, sondern in einen Mantel des Schweigens und Vergessens gehüllt worden. Das wird jetzt ein Ende haben.

Die britische Regierung unter Tony Blair steht seit jeher enthusiastisch hinter dem Gedanken eines Internationalen Strafgerichtshofs. Wir glauben daran, daß die globale Herrschaft des Gesetzes stärker ist als die lokale Herrschaft von Tyrannen. Bei der Formulierung des Statuts haben wir eine tragende Rolle gespielt und in der Folge hart dafür gekämpft, daß das entsprechende Gesetz zügig von beiden Parlamenten - in Westminster und Edinburgh - verabschiedet wurde, damit Großbritannien zu den ersten sechzig Unterzeichnern des Abkommens gehören konnte.

Der Internationale Strafgerichtshof wird ein ständiges Gericht sein, das eine dauerhafte Abschreckung für alle potentiellen Tyrannen darstellt. Mit der Zeit wird seine Rechtsprechung grenzüberschreitend globale Werte verkörpern. Wie bei jeder anderen rechtlichen Institution wird seine Praxis genauso wichtig sein wie die Prinzipien, auf denen es gegründet wurde. Wir fühlen uns verpflichtet, zu gewährleisten, daß es seine Aufgabe gerecht und unparteiisch erfüllt. Wir hoffen, schon bald einen britischen Kandidaten für einen der Richtersitze ernennen zu können.

 

Jack Straw ist Außenminister des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland.

 

 

Wir haben das Inkrafttreten des Statuts von Rom am 1. Juli zur Kenntnis genommen. China unterstützt stets einen unabhängigen und fairen, effektiven sowie allgemeinen repräsentativen Internationalen Gerichtshof, um folgenschwere internationale Verbrechen bestrafen zu können.

China hat konstruktiv an dem ganzen Vorbereitungsprozeß teilgenommen, hat mitgewirkt. Obwohl China noch nicht unterzeichnet hat, werden wir die Arbeit vom Internationalen Gerichtshof weiterhin mit großer Aufmerksamkeit verfolgen.

Vor einigen Bestimmungen üben wir uns jedoch immer noch in Zurückhaltung. Die Ergänzungsprinzipien werden nicht strikt eingehalten, was die Zuständigkeit des nationalen Rechtssystems beeinträchtigen könnte.

Die Frage über das Agressionsverbrechen ist noch offen. Die Befugnisse des Sicherheitsrates, der gemäß der Charta der Vereinten Nationen über das Agressionsverbrechen zu urteilen hat, werden noch nicht klar definiert. Wir verfolgen aufmerksam, welche Mechanismen sich später mit dieser Art von Verbrechen beschäftigen werden. Es fehlt die notwendige Kontrolle des Untersuchungsrechtes von Staatsanwälten. Es muß gesehen werden, wie der politische Einfluß dabei vermieden werden kann.

Solche Mängel könnten die Fairneß und die Wirksamkeit des Internationalen Gerichtshofes bei der Ausübung seiner Funktion beeinträchtigen. Wir hoffen natürlich, daß der Internationale Gerichtshof in Den Haag durch seine praktische Arbeit in der Zukunft das Vertrauen von Noch-Nicht-Vertragsstaaten gewinnen kann.

Das ist der Standpunkt der chinesischen Regierung.

 

Niangping Li ist Botschaftsrat und Presseattaché der chinesischen Botschaft in Berlin.


 
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