© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/02 09. August 2002

 
Neue Technologien: PLC-Zeta (Embryonalteilung)
Schwangerschaft zum An- und Abschalten
Angelika Willig

Schon wieder kündigt ein Fortpflanzungsmediziner Klonversuche mit Menschen an und nennt einen Ort, wo ihn die Gesetze nicht hindern. Panayotis Zavos ist ehemaliger Mitarbeiter des Italieners Antinori, der bereits mehrmals die gleiche Absicht kundtat und Schwangere in den Arabischen Emiraten präsentierte. Der Sensationsjournalismus ist um eine Gattung reicher geworden; neben dem Ungeheuer von Loch Ness und dem Massenmörder von gegenüber residiert jetzt Dr. Frankenstein und sein Klon-Baby. Doch was das Schlimme an diesen Papiertigern ist: wenn die richtigen Tiger kommen, glaubt es keiner mehr.

Eher versteckt im Wissenschaftsteil wird diese Woche der Erfolg eines Forscherteams an der Universität Wales in Cardiff gemeldet. Die Biologen haben eines der großen Rätsel der Fortpflanzung gelöst. Ist die Eizelle befruchtet, beginnt sie sogleich sich zu teilenund leitet damit die Embryonalentwicklung ein. Weshalb aber teilt sich die Zelle? Diese Fragestellung wird dringlich, wenn beim Klonen das Erbmaterial per Pipette in den Kern der Eizelle gebracht ist, denn dann teilt sich die vollständige Keimzelle eben nicht von selbst, sondern muß künstlich dazu veranlaßt werden. Bisher ist dies durch Stromschläge auf eine höchst umständliche Weise geschehen, ein Grund für die vielen Fehlschläge beim Klonen.

Die Briten haben nun entdeckt, daß für den Befehl zur embryonalen Zellteilung ein besonderes Gen zuständig ist, das sie PLC-Zeta nennen. Dieses Gen wird "angeschaltet", wenn eine natürliche Befruchtung stattfindet, es läßt sich aber auch künstlich an- und abschalten. Damit ist eine Hauptschwierigkeit beim Klonen beseitigt. Nebenher (und äußerst lukrativ) ließe sich daraus die langersehnte "Pille für den Mann" entwickeln. Für die Katholische Kirche ergäbe sich dann die Gewissensfrage, ob eine befruchtete Eizelle, die sich nicht teilen will, ein Mensch ist oder nicht.

Niemand denkt heute daran, das An- und Ausschalten von PLC-Zeta zu verbieten. Und doch werden mit der Perfektionierung des therapeutischen Klonens auch die Argumente gegen die gefürchtete Produktion von Doppelgängern immer schwächer. Ein Verbrauch von um die 300 Embryonen pro Klonversuch oder gar Dutzende von Fehlgeburten kommen für den Menschen natürlich nicht in Frage. Schon deshalb sind Ärzte wie Zavos und Antinori kriminell. Doch wenn es kein besonderes Risiko für Mutter und Kind mehr gibt, dann fragt sich, wie lange die ethischen Bedenken allein vorhalten. Forschung zu erlauben, die Anwendung aber verbieten zu wollen, ist nur scheinbar ein praktikabler Ausweg.

Man soll sich nicht über ungelegte Eier aufregen, heißt es immer. Zwölf Jahre haben die Briten gebraucht, um PLC-Zeta "auszubrüten". Das ist relativ lange in den Augen der Ungeduldigen, für die Furchtsamen ist es relativ kurz.


 
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