© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/02 09. August 2002


Blick in die Medien
Kommunikativ
Ronald Gläser

Wer möchte seinen Gesprächspartner am Telefon wirklich sehen? Telefonieren ist deshalb so beliebt, weil die Kommunikation auf Hören und Sprechen verengt wird. Der Chef soll nicht sehen, wie sein Angestellter grinst, wenn er von einer Grippe spricht, die ihn ans Bett fesselt. In der Hightech-Branche lügen sich manche gern in die eigene Tasche. Mobilfunkanbieter sahen Riesenchancen in der UMTS-Technik und investierten im Jahr 2000 rund 100 Milliarden Mark. Längst hat sich die Euphorie in Luft aufgelöst. Erst hatte sich Wap als Flop erwiesen. Kaum jemand möchte sich in der U-Bahn oder am Strand ins Internet einwählen, um die nächste Pizzeria zu ermitteln. UMTS sollte dann noch bunte Bilder dazuliefern. Es ist kein Wunder, daß negative Nachrichten aus der Telekom-Branche überwiegen. Einer, der sich gegen den Trend im Aufwind sieht, ist Rudolf Gröger. Der Chef des Mobilfunknetzbetreibers O2 konnte die Zahl seiner Kunden erhöhen. Die Wahrheit ist, daß O2 sich selbst betrügt. Die Firma zahlte Provisionen, die die Einnahmen aus Handyverträgen überstiegen. Clevere Händler schlossen Verträge ab, um sich mit der Provision aus dem Staub zu machen, ohne jemals zu telefonieren. Legitim sind solche Geschäfte nicht. Aber wer es pfiffigen Geschäftsleuten so einfach macht, darf sich hinterher nicht beschweren. Vielleicht erhalten manche O2-Händler demnächst einen Anruf aus der Firmenzentrale. Sie können dann grinsend erklären, weshalb mit den vielen Verträgen kein einziger Cent Umsatz erwirtschaftet worden ist. 


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen