© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/02 16. August 2002

 
WIRTSCHAFT
Steuerfluchtgelder stinken nicht
Bernd-Thomas Ramb

Die Italiener haben es vorgemacht. 60 Milliarden Euro - zehn mehr als erwartet - führten Steuerflüchtige ins Land zurück, nachdem die Berlusconi-Regierung eine Amnestie für Steuersünder einführte. Dem italienischen Fiskus sind dadurch Mehreinnahmen von 1,5 Milliarden Euro zugeflossen. In Deutschland wird die Höhe des im Ausland versteckten Kapitals auf eine Billion Euro geschätzt. Nach italienischen Maßstäben könnten mit dem gleichen Programm in Deutschland fast 30 Milliarden Steuernachzahlung erwartet werden. Da wird selbst eine moralisch hochtrabende SPD-Regierung schwach. Nach der Opposition hat daher nun auch sie den Charme einer Straffreiheit für reuige Steuersünder entdeckt.

Natürlich ist die geplante Kapital-heim-ins-Reich-Aktion ein Ärgernis für den ehrlichen Steuerzahler. Insbesondere für diejenigen, die keine horrenden Kapitalbeträge ins Ausland transferieren konnten, weil sie entweder über keine Informationen verfügten, wie das zu bewerkstelligen war, oder schlicht kein Kapital besaßen. Doch Geld stinkt nicht, wie schon die alten Römer bei ihrer Latrinenbesteuerung erkannten. Die Möglichkeit der wundersamen Staatseinnahmenvermehrung durch Strafamnestie, also der nachträglichen Duldung von Rechtsbruch, beruht in erster Linie auf einer staatlichen Güterabwägung. Etwas weniger Rechtsstaat, dafür etwas höhere Staatseinnahmen. Die romantische Kriminalromanweisheit Crime doesn't pay stimmt halt staatlicherseits am wenigsten. Rechtsbruch zahlt sich offensichtlich aus, wenn nur der Staat mitverdienen kann. Auch das ist eine Form der Korruption, wenn auch keine, deren Erträge in private Taschen fließen. Sauber wäre es, zunächst die Gründe der Steuerflucht zu beseitigen.


 
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