© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/02 16. August 2002

 
Die göttliche Wahrheit erkennen
Katholische Kirche: Der Freundeskreis der Una Voce kämpft gegen den Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils
Werner Olles

Längst vorbei sind die Zeiten, als Christi Freiheit vom Zeitgeist der Maßstab war, an dem sich die katholische Kirche messen ließ. Zwischen Ökumenismus, Synkretismus, Neo-Protestantismus, Modernismus, Feminismus, Buddha, Wotan und New Age ist sie heute nur eine unter vielen Institutionen, die "eine Art metaphysische Rückversicherung" (Eberhard Heller) anbietet und darstellt.

Es sind dies vor allem die Auswirkungen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), mit dem die Zersetzung und Auflösung des katholischen Glaubens eingeleitet wurde. Mit der Abschaffung des liturgischen Meßopfers trafen die konziliaren Reformen von Papst Johannes XXIII. das Herz der Kirche. Die "Heilige Messe" als Mahl anstatt als Sühneopfer gehörte zu jenen Neuerungen, die es der Konzilskirche gestatteten, an die Stelle der Anbetung Gottes, der Liebe zu Jesus Christus und der Verehrung der Gottesmutter eine neue Religion der Menschenrechte zu setzen, in der allein der Mensch zum Maß, Mittelpunkt, Anfang und Ende aller Dinge wurde. Eliminiert wurden auch der alte lateinische Ritus und bestimmte theologische Auffassungen über die Gewissensfreiheit, verfälscht wurden die Sakramentsriten und die Wandlungsworte.

Der scheinbar so gefestigte Block der römisch-katholischen Kirche ging vor dem Ansturm des Modernismus schnell in die Knie und gab die Einheit des Glaubens preis, indem er häretische Theorien zugunsten der katholischen Dogmen aufnahm. Eine innere Katholizität bewahrten sich nur jene Gläubigen, die das von Gott geoffenbarte Glaubensgut, die wahre Meß-Theologie, die Apostolizität hinsichtlich Lehre und Ursprung und die heiligen Sakramente durch das unbeirrbare Festhalten an der Tradition retteten.

Einige dieser Traditionalisten sammelten sich in der Priesterbruderschaft St. Pius X. im französischen Econe. Erzbischof Marcel Lefebvre geißelte den Konzilsgeist als das "1789" der katholischen Kirche und den damit verbundenen Niedergang und Zerfall, das Absinken der Qualität des Priestertums, den Rückgang des kirchlichen Lebens, die Zerrüttung der christlichen Ehen und Familien und die Säkularisierung der katholischen Staaten.

Zu den Folgen des Konzils gehörte auch, daß die konservativen, christlichen Parteien ihren Halt verloren, weil die Beschlüsse dieser Synode auf das politische Leben einen enormen Einfluß ausübten. Man sehe sich nur die Programme dieser Parteien aus der vorkonziliaren Zeit an und vergleiche sie mit den Programmen von heute. Hatten sie vorher in der Kirche immer eine Stütze gesehen, so spiegelte sich in ihren neuen Programmen nun der Geist des Konzils wider. Nur ein Blinder bemerkt nicht, daß Liberalismus, Sozialismus, Multikulturalismus und Globalisierung die politische Seite, Ökumenismus, Modernismus und die Ideolgie der Menschenrechte die konziliare Seite der gleichen falsch glänzenden Medaille sind.

1965 gründete sich die Una Voce Gruppe Maria, zu deren Unterstützung sich bald schon der Freundeskreis der Una Voce bildete. Seit 1971 gibt der eingetragene Verein in München die römisch-katholische Zeitschrift Einsicht heraus, an der auch einige Autoren mitwirken, die in der konservativen politisch-kulturellen Publizistik recht bekannt sind, wie Gerd-Klaus Kaltenbrunner, der Soziologe Robert Hepp oder der FPÖ-Europaparlamentarier und Vorsitzende des Bundes gesetzestreuer jüdischer Gemeinden in Deutschland, Peter Sichrovsky. Die Schriftleitung liegt in den Händen von Eberhard Heller.

Im Vordergrund des Kampfes des Freundeskreises Una Voce steht die Ablehnung der Neuen Meßordnung und der Vorrangstellung des Menschen vor Gott. Da die Bischöfe durch die Verfälschung des Evangeliums zu Apostaten wurden, sind sie - wie auch der Papst - als exkommuniziert zu betrachten. Der traditionalistischen Priesterbruderschaft Pius X. in Econe macht Una Voce den Vorwurf, daß sie sich zunehmend wieder der Konzilskirche annähert und ihr gegenüber eine gewisse "Bereitschaft zum Einlenken" zeigt. Bei einer Wiederzulassung des alten, lateinischen Ritus für daran interessierte Gruppen könnten die Econer sich im Gegenzug bereit erklären, "das Konzil, in der Interpretation, die Johannes Paul II. ihm gegeben hat, nämlich in Einheit mit der katholischen Tradition", anzuerkennen, so wörtlich Kardinal Ratzinger nach einem Gespräch mit Erzbischof Lefebvre kurz vor dessen Tod. Una Voce hingegen will die Gültigkeit der neuen Messe grundsätzlich nicht anerkennen.

Natürlich weiß Kardinal Ratzinger über diese Dinge genau Bescheid, und er kennt auch die Identität zwischen dem Programm des 1776 von dem Kirchenrechtler Adam Weishaupt gegründeten Illuminatenordens für eine Weltbürger-Republik und dem Reformprogramm der Konzilskirche. Mit der Einberufung des sogenannten Zweiten Vatikanischen Konzils durch Papst Johannes XXIII. wurde die Lunte der antichristlichen Revolution mitten ins Herz der Kirche gelegt. Satan nahm sozusagen im Innenraum der katholischen Kirche Platz. Der Widerstand gegen diesen Verrat manifestiert sich bis heute zwar nur punktuell und in kleinen geistigen und geistlichen Eliten, ist jedoch gleichwohl weltweit. Aktive Una Voce-Gruppen existieren unter anderem in den USA, Kanada, Mexiko, Australien, Neuseeland, Indien, Afrika, Deutschland und Tschechien. In der theologischen Debatte um eine Restitution der Kirche als Heilsinstitution können die religionsphilosophisch und theologisch stringent argumentierenden Sedisvakantisten - der Name hat seinen Ursprung in der Erkenntnis, daß der Heilige Stuhl zur Zeit vakant ist - die Konzils-Theologisten zwar jederzeit schlagen, aber manche öffentlich ausgetragenen Streitigkeiten unter den Gegen-Reformisten schwächen den Widerstand in einem ganz erheblichen Maße.

Hatte noch Papst Pius X. im Jahre 1907 den Modernismus als das "Sammelbecken aller Häresien" gebrandmarkt und den Priestern die Ablegung des Antimodernisteneides auferlegt, wird nach den häretischen Reformen der Konzilskirche der Liturgie nur noch der Stellenwert folkloristischer Veranstaltungen beigemessen. Die Kirche verlor dadurch nicht nur ihre führende Rolle im Bereich der Wissenschaft und der Kunst, auch das religiöse, sakramentale Leben ist weitgehend erloschen. Die Sedisvakantisten empfehlen daher ihren Anhängern, keine Kirchensteuer mehr an die Reformkirche zu zahlen und arbeiten an der Findung einer eigenen Rechtsidentität, da man sich "als wahre Christengemeinschaft auch eine Rechtsform zulegen müsse" (Eberhard Heller).

Als die Muttergottes am 19. September 1846 in La Salette den beiden Hirtenkindern Melanie und Maxim erschien, sprach sie die schicksalschweren Worte: "Rom wird den Glauben verlieren und der Sitz des Antichrist werden." Die göttliche Vorsehung versah jedoch die Christen mit drei unüberwindlichen Schilden gegen die "glühenden Pfeile des Bösen": mit dem Wort Christi, dem Opfer Christi und der Mutter Christi. Der modernistischen Lehre von der Autonomie des Menschen gegenüber seinem Schöpfer und Erlöser erscheinen jedoch die großen Wahrheiten über die allerheiligste Dreifaltigkeit und die Gottheit Christi, über die ewige Bestimmung des Menschen und die Gefahr der ewigen Verdammnis nur noch als museales Kulturgut.

So sehen sich die Katholiken zu Anfang des neuen Jahrtausends vom Feminismus und Materialismus bis zum Ökumenismus und Neopaganismus einer ganzen Front von Feinden gegenüber. Doch hat es im Sinne einer unverkürzten Katholizität "nie etwas Kühneres und Hinreißenderes gegeben als Orthodoxie" (Gilbert Keith Chesterton).

 

Fototext: Einzug der Bischöfe in den Petersdom (1963): Papst Paul VI. führte das 1962 von seinem zwischenzeitlich verstorbenen Vorgänger Papst Johannes XXIII. eröffnete Zweite Vatikanische Konzil weiter

Kontaktadresse: Freundeskreis der Una Voce e.V., Postfach 100540, 80079 München


 
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