© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/02 30. August 2002


Zauberlehrlinge
von Carl Gustaf Ströhm

An der FPÖ bestätigt sich, daß Konrad Adenauer recht hatte: die Steigerung von "Todfeind" lautet "Parteifreund". Jörg Haiders junge Garde, die nur durch ihn zu Ämtern gelangt ist, wendet sich nun offen gegen ihn - allen voran die Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, die noch vor kurzem ihre Haider-Treue bei jeder Gelegenheit zu beteuern pflegte. Daß der freiheitlichen Ministerriege das Regieren in Wien gut gefällt, ist verständlich. Politische Macht war, wie wir von Henry Kissinger wissen, schon immer ein Aphrodisiakum. Allerdings kann man dabei leicht die Bodenhaftung verlieren. Doch die aktuellen Umfragewerte sind katastrophal: die FPÖ ist von 27 auf 19 Prozent abgestürzt - und zwar nicht zuletzt durch "Affären", die sich bei Augenmaß leicht hätten vermeiden lassen.

Gewiß ist auch das "einfache Parteimitglied" Haider, der Kärnten regiert, am Debakel nicht ganz unschuldig. Schon die alten Ritter wußten, daß es nicht gut ist, den Roßknecht aufs Pferd zu setzen, weil er dann leicht der Höhenkrankheit erliegt. Hätte sich Haider mit "gestandenen Mannsbildern" umgeben, wäre ihm vieles erspart geblieben. Aber er hat politischen Instinkt und die Notbremse gezogen, bevor die FPÖ untergeht. Daß Riess-Passer nun - gegen Haiders Steuerreformversprechen - eine Volksbefragung mit der Fragestellung "Steuerreform oder Hochwasserhilfe" vorschlägt, zeugt von Realitätsverlust. Und eins werden die blauen Zauberlehrlinge bald merken - ohne Haider mutiert die FPÖ wieder zur Kleinpartei à la FDP.


 
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