© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/02 30. August 2002

 
Niemand will ihre Signale mehr hören
Linke Kleinparteien: Mit widersprüchlichen Konzepten keine Konkurrenz für PDS und Grüne
Werner Olles

Der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) ist es nicht gelungen, sich mit Landeslisten an der Wahl zum Deutschen Bundestag am 22. September zu beteiligen. Die Partei wirbt daher dafür, ihr in den Wahlkreisen, in denen DKP-Kandidaten auf dem Wahlzettel stehen, die Erststimme zu geben. Direktkandidaten kandidieren jedoch in 15 Wahlkreisen, unter anderen die stellvertretende Parteivorsitzende Tina Sanders in Hamburg-Mitte. Wahlempfehlungen für andere linksextremistische Parteien gibt die DKP nicht, erwartet aber von der PDS "einen Beitrag zu leisten, daß der außerparlamentarische Druck für einen Politikwechsel verstärkt wird".

Mit der Forderung "des Zusammenwirkens aller linken und demokratischen Kräfte unter Respektierung ihrer unterschiedlichen politischen Ansichten und Grundüberzeugungen ohne Ausgrenzung" zeigt die Partei zudem, daß sie ihren früheren dogmatischen Anspruch als führende Organisation der Linken zugunsten einer prinzipienlosen Bündnispolitik aufgegeben hat. Angesichts ihrer finanziellen und personellen Schwäche - der Mitgliederschwund hält unverändert an, die politischen Aktivitäten bleiben weitgehend ohne erkennbare Resonanz - ist dies auch realistisch. Ihr ideologisches Sendungsbewußtsein hat die Partei in der Essener Hoffnungsstraße dennoch nicht verloren. Man darf also annehmen, daß sie noch weitere Jahre in ihrer gegenwärtigen Bedeutungslosigkeit verharren wird.

"Volkes Stimme zur Geltung bringen" will die 1990 in Berlin wiedergegründete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), nicht zu verwechseln mit der maoistischen KPD/AO der siebziger Jahre. Sie hat bereits in den vergangenen Jahren an verschiedenen Wahlen teilgenommen, unter anderen in Wahlbündnissen und Listenvereinigungen mit anderen Parteien, beispielsweise in Sachsen-Anhalt als "Bündnis DKP-KPD". In den Ländern Thüringen und Berlin stellt sich die KPD jetzt selbständig zur Wahl. "Als natürlicher Partner der breiten Volksmassen" sieht sich die KPD "in der Tradition der revolutionären Kräfte der Arbeiterbewegung" und "als die einzige marxistisch-leninistische Partei in der BRD". Ihre Hauptforderungen sind daher "Frieden, Frieden und nochmals Frieden, "keine Auslandseinsätze der Bundeswehr", "entschiedener Protest gegen den Vernichtungskrieg und Völkermord Sharon-Israels gegen das palästinensische Volk", "demokratische Mitbestimmungsrechte, wie es sie in der DDR gegeben hat" und "der Zusammenschluß aller demokratischen Kräfte in gemeinsamen Aktionen gegen den Neonazismus". Realpolitisch nicht ganz auf dem Laufenden ist die KPD auch mit ihrer Forderung, daß "Antifaschismus in der BRD zur Staatsdoktrin werden muß!"

Gegen Sexismus, Armut, Sharon-Israel und Bioprodukte

Die 1995 gegründete "Feministische Partei - Die Frauen" tritt zum zweiten Mal zu Bundestagswahlen an. In Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen hat sie Landeslisten aufgestellt, die Nichtzulassung durch den Landeswahlausschuß Hessen hat der Bundeswahlausschuß im August bestätigt. Den anderen Parteien wird vorgeworfen, "mehr oder weniger einem realitätsfremden Frauenbild anzuhängen und Männerprivilegien zu unterstützen". Als "Feministische Partei" will man sich dagegen dafür einsetzen, "daß Frauen auf allen Ebenen der gesellschaftlichen Bereiche entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sind und die Rechte der Frauen in Bezug auf Schwangerschaft, Sexualität und Lebensweise verwirklichen". Die Partei wendet sich "gegen jede Form von Gewalt, Sexismus und Rassismus". "Armut ist weiblich", weiß die Partei - ohne größere wissenschaftlich fundierte Analysen angestellt zu haben - und plädiert in schönster antikapitalistisch-blauäugiger Romantik für einen "Wertewandel in der Wirtschaft", da "die seit Anfang der neunziger Jahre betriebene Globalisierung und Liberalisierung die wirtschaftliche und soziale Lage weiter verschlechtert hat."

Daß es neben Schröder, Stoiber und Westerwelle noch eine Kanzlerkandidatin gibt, dürfte den meisten entgangen sein. Die Dame heißt Helga Zepp-Larouche, tritt als Direktkandidatin in Berlin-Mitte an und ist Bundesvorsitzende der "Bürgerrechtsbewegung Solidarität" (BüSo), die sich früher einmal Europäische Arbeiterpartei (EAP) nannte. Die Ehefrau des 80jährigen amerikanischen Oppositionspolitikers und ewigen Präsidentschaftskandidaten Lyndon La-Rouche setzt sich als Gründerin des "Club of Live" und des "Schiller-Instituts" für "eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung und eine weltweite humanistische Renaissance" ein. Dies soll unter anderem mit dem Konzept einer "Eurasischen Landbrücke, demzufolge die rasch voranschreitende Wirtschaftsentwicklung entlang der modernen Seidenstraße ein immenses Potential für die euro-asiatische Zusammenarbeit im Bereich der produktiven Wirtschaft eröffnet", verwirklicht werden.

Die BüSo, die mit Landeslisten in Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen und Baden-Württemberg antritt, sagt auch entschieden "Ja zur Kerntechnik" und fordert den "Ausstieg vom Ausstieg". Verworfen wird auch der Ökolandbau, da "Bioprodukte weder besser noch gesünder" seien als andere. Als "Leitbild" sieht man vielmehr den "produktiven mittelständischen Familienbetrieb im Zentrum der Agrarpolitik". Anstelle von "Killer-Videos" und "Gewalt-Computerspielen", die verboten werden sollen, setzt die BüSo auf "Klassische Kultur und Humboldtsches Erziehungskonzept".


 
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