© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/02 30. August 2002

 
Zeitschriftenkritik: National Geographic
Atemberaubende Expeditionen
Werner Olles

Die Monatszeitschrift National Geographic ist seit über 144 Jahren das Sprachrohr der "National Geographic Society", der größten gemeinnützigen Wissenschafts- und Bildungsorganisation der Welt. Seit 1888 hat die Gesellschaft mehr als 7.000 Expeditionen und Forschungsprojekte unterstützt und damit ganz entscheidend zum heutigen Stand unserer Kenntnisse über die Erde, die Meere und das Weltall beigetragen. Im Oktober 1999 erschien das Magazin nun erstmals auch in deutscher Sprache und berichtete über atemberaubende Expeditionen zu fremden Völkern und alten Kulturen oder über die faszinierende Tier- und Pflanzenwelt der tropischen Regenwälder, ebenso aber auch über die heimische Flora und Fauna.

Die aktuelle Ausgabe von National Geographic Deutschland präsentiert neben einer deprimierenden Reportage über das im Sumpf der Anarchie versinkende Somalia und einem mit einzigartigem Fotomaterial ausgestatteten Bericht über die beiden großen Völker der Wari und der Tiwanaku, die lange vor den Inka die Geschicke Südamerikas bestimmten und die ersten imperialen Zivilisationen Amerikas hervorbrachten, die Geschichte der "H.L. Hunley", jener legendären Geheimwaffe der Südstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg. Als erstes erfolgreiches U-Boot des Seekrieges versenkte die "H.L. Hunley" im Jahre 1864 unweit von Charleston das dampfgetriebene Kanonenboot der feindlichen Nordstaaten-Kriegsmarine, die "U.S.S. Housatonic", und verschwand anschließend spurlos. Erst 136 Jahre später entdeckten Taucher das Boot mit den Überresten der Besatzung. Das "tauchende Torpedoboot" wurde völlig intakt geborgen und von einer Flotte von Booten begleitet mit zwei Schleppern zurück nach Charleston gebracht, wo bereits viele Zuschauer warteten. Der alte Süden wurde wieder lebendig, als Frauen in schwarzen Reifröcken und Männer in historischen Südstaatenuniformen der Besatzung der "Hunley" gedachten und ihr die letzte Ehre erwiesen. Nach der Konservierung des U-Bootes soll sie nun das Herzstück eines neuen Seefahrtsmuseums in Charleston werden.

Über das erste deutsche U-Boot, den "Brandtaucher", berichtet Onno Groß in seinem Text "Seehund aus Eisen". 1851, nach der Kapitulation Schleswig-Holsteins im Krieg gegen die Angliederung des Landes an Dänemark, geht der Ingenieur Wilhelm Bauer, der Erfinder des "Brandtauchers", mit zwei Kameraden auf Tauchfahrt und erleidet prompt Schiffbruch. Im auf den Meeresboden gesunkenen und zerdrückten U-Boot ließ sich erst nach sechs Stunden bangen Wartens in letzter Sekunde die Luke öffnen. Während über Wasser schon Trauerreden gehalten wurden, trieben die Männer mit dem Luftstrom an die Wasseroberfläche. Trotz dieses Fehlschlags - Bauer scheiterte wie viele nach ihm am Antrieb - wurde der Visionär als "Erfinder der unterseeischen Schiffahrt" berühmt. Nach seinem Prinzip sprengte dreizehn Jahre später die "Hunley" die Korvette "Housatonic" in die Luft. Amerika wurde damit zum "Preisträger der deutschen Submarine".

National Geographic Deutschland. 20080 Hamburg. Einzelpreis 3,80 Euro, Jahresabo 39 Euro


 
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