© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/02 13. September 2002

 
Eid auf den Kanzler
von Michael Waldherr

Verteidigungsminister Peter Struck hat sich letzte Woche erdreistet, eine SPD-Wählerinitiative "Soldaten für Schröder" vorzustellen. Unter Leitung des pensionierten Generals Peter Heinrich Carstens will die Gruppe "die internationale Rolle der Bundeswehr und die Bundeswehrreform darlegen und zur Wahl von Bundeskanzler Gerhard Schröder aufrufen, um die Reform der Streitkräfte konsequent weiterzuführen". Es war bislang selbstverständlich, die Bundeswehr aus dem Parteien-Gezänk herauszuhalten. Die Soldaten geloben, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen; damit sind sie dem ganzen Volk, nicht aber einer Partei oder einem Kanzler verpflichtet. Soldaten dürfen sich laut Soldatengesetz weder im Dienst noch in Uniform zugunsten einer Partei äußern. Auch in Zivil dürfen sie sich an politischen Debatten nicht unter Hinweis auf ihre Funktion als Soldat beteiligen. Das ist erforderlich, um die Truppe nicht zu spalten.

Was jedem Rekruten schon in der Grundausbildung beigebracht wird, scheint Struck hingegen völlig fremd. Aus purem Machterhaltungstrieb scheut er nicht davor zurück, Untergebene um sich zu scharen und die Soldaten für den SPD-Wahlkampf zu instrumentalisieren. Der "Parteisoldat" Struck trennt nicht zwischen seiner Parteifunktion und seinem Amt als Bundesverteidigungsminister, der das Vertrauen aller Soldaten haben soll. Viele Soldaten halten das für einen Skandal und Tabubruch. Sie fragen sich: Ist das etwa der vielgerühmte Primat der Politik? Dann ist es zum Fahneneid auf Gerhard Schröder nicht mehr weit. Gott bewahre uns!


 
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