© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/02 27. September 2002


Linkes Waterloo
von Michael Wiesberg

In der seit dem Wahlsonntag obsoleten Bundestagsfraktion der PDS dürfte nun ein Hauch von Normannenstraße herrschen. So wie die Stasi weiland in ihrem Hauptquartier hektisch darum bemüht gewesen war, alle Dokumente zu beseitigen, sind jetzt die PDS-Fraktionsmitarbeiter damit beschäftigt, den papierenen Nachlaß von vier Jahren antifaschistischer Oppositionsarbeit dem Altpapier zu überantworten. Es könnte ein Abschied für immer sein, der sich da vollzieht.

Die in den Fraktionsräumen der PDS herrschende Abbruchstimmung ist symptomatisch für den Zustand der gesamten PDS. Die "demokratischen Sozialisten", die im Kern nie mehr als ein Sammelbecken von SED-Nostalgikern und BRD-Altlinken waren, haben ihr Waterloo erlebt. Die SPD hat die Zeichen der Stunde erkannt und setzt nach, um der lästigen Linkspartei endgültig den Garaus zu machen. Man hätte den Medienliebling Gregor Gysi, genauso wie die direktgewählte Petra Pau und Gesine Lötzsch gerne in der Partei, orakelte der SPD-Bundestagsabgeordnete Manfred Opel. Ähnlich äußerte sich der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck, der der Überzeugung ist, daß es in der PDS nicht wenige gebe, die eigentlich sozialdemokratisch tickten. Gysis harsche Kritik an der Parteiführung, die er für die Wahlniederlage verantwortlich macht, kann vor diesem Hintergrund als erster Schritt in Richtung Absprung gedeutet werden. In jedem Fall wird der 22. September als Anfang vom Ende der PDS als relevanter Kraft in die Geschichtsbücher eingehen.


 
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