© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/02 27. September 2002

 
PRO&CONTRA
Rechtsparteien fusionieren?
Heiner Kappel / Rolf Schlierer

Um diese Frage zu Beginn klar zu beantworten: Der Zusammenschluß zu einer bürgerlich-rechten Partei wäre seit Jahren fällig gewesen. Aber Selbstgefälligkeit, Selbstüberschätzung und Kompromißunfähigkeit haben jeden Versuch zur schlagkräftigen und politisch wirksamen Gemeinsamkeit unmöglich gemacht. Das Paradebeispiel, ergänzt durch eine unbegreifbare Abgrenzungsmanie, hat in jüngster Zeit Ronald Barnabas Schill mit seiner Partei geboten. Der 22. September hat auch in diesem Fall gezeigt, was nach Hochmut in der Regel folgt.

Dabei wäre längst klarzustellen, daß hierzulande als rechts gilt, was anderenorts normal genannt wird: Vaterlandsliebe, Rechtsbewußtsein oder beispielsweise eine vernünftige Haltung zu Bildung und Erziehung.

Seit vielen Jahren stehen die bürgerlich-rechten Retter des Vaterlandes da, wie Feuerwehrleute vor einem lichterloh brennenden Haus und diskutieren, wie am besten gelöscht werden kann, während das Haus bis auf die Grundmauern abbrennt. Um ehrlich zu sein: Meine Hoffnung auf einen Zusammenschluß ist inzwischen fast auf Null gesunken. Man wird weiter um die Parteienfinanzierung buhlen, und man wird weiter Vorsitzende und Vorstände wählen, bis schließlich die Mitgliederzahlen den Vorstandszahlen gleichkommen.

Es gibt nur noch eine Chance! Alle Deutschen guten Willens, in welcher der bürgerlich-rechten Parteien sie derzeit auch sein mögen, müssen - mit oder ohne ihre Vorstände - unter einer "noch nicht diffamierten" Fahne zusammenkommen. Und dies jetzt! Nicht irgendwann später, nach erneutem, endlos langem, sinnlosen Palaver. Eines sollte man nicht vergessen: Jedes Jahr sterben weiter lebens- und politikerfahrene Menschen weg, und jedes Jahr kommt ein Jahrgang unwissend gehaltener junger Leute zu den Wahlberechtigten hinzu. Darauf bauen die anderen, nicht ohne Grund. Jetzt haben die bürgerlich Rechten noch eine Chance - oder auf lange Sicht keine mehr!

 

Dr. Heiner Kappel ist Bundesvorsitzender der Deutschen Partei (DP).

 

 

Nach jeder Wahl blüht er wieder auf: Der Traum von der vereinten Rechten. Das unstillbare Harmoniebedürfnis der Rechten und die Chimäre von einem gewaltigen Wählerpotential, das sich nach einer rechten Einheitspartei sehnt, hält die Illusion am Leben, obwohl alle Einigungsbemühungen der letzten Jahre gescheitert sind.

Das Argument, daß man gemeinsam mehr als mit vielen kleinen Parteien und Grüppchen erreicht, scheint auf den ersten Blick überzeugend. Allerdings setzt diese Vorstellung voraus, daß diejenigen, die vereint werden sollen, auch tatsächlich an einem Strang ziehen. Dazu bedarf es jedoch gemeinsamer politischer Ziele, die mehr als die Negation einiger Mißstände bedeuten, und eines Mindestmaßes an Disziplin. Beides fehlt der deutschen Rechten. Die Zielvorstellungen gehen weit auseinander, die politische Motivation erschöpft sich nicht selten im Unbehagen über die Zeitläufe, und Disziplin ist längst zum Fremdwort geworden. Dies zeigt sich im übrigen auch beim Versagen rechter Parteien, die einmal erzielten Wahlerfolge im Sinne einer langfristigen Strategie zu sichern und auszubauen. Die problematische Psyche der Rechten tut ihr übriges. Wo nicht Egomanen ihre Kreise ziehen, sind nicht selten Mißerfolgserlebnisse oder die Vorstellung, zu Hörerem berufen zu sein, die wahre Triebfeder politischen Engagements. Dies aber reicht zu einer konzertierten Aktion nicht aus, da auf diese Weise meist lauter Häuptlinge ohne (lästige) Indianer zusammenkommen. Auf die intelligenten Fußtruppen kommt es aber an.

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Dies ist kein Plädoyer gegen die Bündelung von Kräften, sondern nur eine Realitätsbeschreibung. Wo die Voraussetzungen vorliegen, sollte man Kooperation praktizieren und Fusionen versuchen. Aber die zentralen Probleme rechter Politik werden damit noch nicht gelöst, nämlich die Schaffung einer eigenen medialen Basis und die Gewinnung eines politikfähigen Funktionspersonals.

 

Dr. Rolf Schlierer ist Bundesvorsitzender der Republikaner (REP).


 
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