© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/02 27. September 2002

 
Mathias Reichhold
Weltoffener Bio-Bauer
von Gustaf Domberg

Er sei kein Schattenvorsitzender, schon gar nicht jemandes Marionette: so stellte sich Mathias Reichhold der Öffentlichkeit vor. Letzten Samstag wurde der 45jährige zum FPÖ-Chef gewählt. 92,2 Prozent der Delegiertenstimmen erhielt der Mann, der die "Haider-Partei ohne Haider" aus ihrer schwersten Existenzkrise führen soll.

Reichhold, der seit Februar 2002 Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie war und dieses Amt bis zu den von der FPÖ-Krise ausgelösten Neuwahlen ausüben wird, wirkt sympathisch, aber nicht charismatisch. Reichhold ist durch Jörg Haider in die Politik gekommen. Der einstige Landesjugendreferent der Bauernkammer und Landwirtschaftslehrer war seit 1985 Bio-Bauer mit ansehnlichem Hof in einer der schönsten Gegenden Kärntens, bevor er über die Kommunalpolitik mit FPÖ-Chef Haider in Berührung kam, der ihn 1992 erstmals zum Landeshauptmannvize von Kärnten machte. Seit 1990 gehörte er mit Unterbrechungen dem österreichischen Parlament und 1995/96 dem EU-Parlament an.

Reichhold wurde bald zur "Buberl-Partie" gerechnet - einer Plejade junger Leute, die sich um Haider scharte und von diesem mit lukrativen Posten versorgt wurde. Doch blieb sein Verhältnis zum "großen Chef" nicht spannungslos: Der gleiche Reichhold, der einstmals versicherte, auf Befehl Haiders werde er seinen Vornamen auch mit zwei "t" statt einem schreiben, zog sich 1994 von seinem Regierungsposten offenbar wegen eines Zerwürfnisses mit Haider zurück, 1999 bis 2001 war er als Haiders Vize in der Kärntner Landesregierung für die Bereiche Wohnbau, Verkehr, Familie und Sport zuständig. Er trug den Spitznamen "Jo-Jo", weil er seine Aufgaben und Ämter so oft wechselte.

Nun beginnt für ihn eine neue Ära - unter schwierigsten Bedingungen. Reichhold ist bisher nicht durch ideelle Festlegungen aufgefallen. Am Vorabend seiner Wahl versicherte er, ein "Brückenbauer" zu sein. Auf die Frage, ob er sich noch als "Deutscher" fühle (das Bekenntnis zur deutschen Kulturnation gehörte noch unlängst zu den programmatischen Eckpfeilern der FPÖ), sagte Reichhold diplomatisch: Er sei Kärntner, heimatbewußt, aber zugleich auch weltoffen. Von weltanschaulichen Debatten wolle er nichts wissen.

Sein Programm lautet, die FPÖ müsse sich für die sozial Schwachen einsetzen und eine Europa-Partei sein, was auch die von Haider skeptisch betrachtete EU-Osterweiterung einschließe. Das sind edle Ziele -allerdings sind es zugleich auch Allerwelts-Floskeln, die jede andere Partei in Österreich gleichfalls verwenden könnte.

Ob Reichhold überhaupt ein von Ideen und Grundsätzen geprägter Politiker sein will, ist zweifelhaft. Und ob er eine ihrer Inhalte entleerte, marode Parteiruine FPÖ zum Erfolg oder in die Niederlage führt, wird am 24. November, dem Tag der vorgezogenen Parlamentswahlen, beantwortet.


 
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