© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/02 27. September 2002

 
Solide Mehrheit für Rot-Grün
"U18-Wahlen" in Berlin: Mit jugendgerechten Wahlprogrammen treten die Parteien zur Testwahl an
Dominik Schon

Am 13. September 2002 fanden in Berlin die ersten landesweiten "U18-Wahlen" statt. Jugendliche unter 18 Jahren waren dazu aufgerufen, bereits vor der eigentlichen Bundestagswahl ihre Stimme an eine der aktuell in Berlin zur Wahl stehenden Parteien zu vergeben. Auch in einigen anderen Städten fanden Wahlen für die unter 18jährigen statt, aufgrund der geringen Stimmenzahl können die Ergebnisse jedoch nicht als repräsentativ angesehen werden.

In Berlin machten knapp 20.000 Kinder und Jugendliche von ihrem symbolischen Wahlrecht Gebrauch, wobei sie genauso wie die Wahlberechtigten sowohl Erst- als auch Zweitstimme vergeben konnten. Gewählt wurde unter anderem in Schulen und Jugendeinrichtungen, insgesamt standen 279 Wahllokale zur Verfügung. Nach Angaben der Organisatoren konnte dabei eine doppelte Wahl nicht gänzlich ausgeschlossen werden, da keine Ausweispflicht bestand und sich die Jugendlichen nicht registrieren lassen mußten. Daher sind leise Zweifel an der Korrektheit der Ergebnisse angebracht. Die Organisatoren verzichteten überdies auf jegliche Altersbeschränkung für die Wahl. Ob Kinder unter 14 Jahren jedoch tatsächlich in der Lage sind, zwischen unterschiedlichen Parteien zu differenzieren und eine bewußte Wahlentscheidung zu treffen, sei dahingestellt. Immerhin sollen jugendgerechte Wahlprogramme der Parteien in jedem Wahllokal erhältlich gewesen sein.

Der Ausgang der Wahl dürfte wohl vor allem für die Union wenig schmeichelhaft sein. Gerade einmal knapp 13 Prozent der Jungwähler unter 18 Jahre wählten mit ihrer Zweitstimme die CDU. Zum Vergleich konnte die CDU bei der "richtigen" Bundestagswahl in Berlin immerhin noch 25,9 Prozent auf sich vereinen. Mit ihrem Ergebnis bei den unter 18jährigen liegt die Partei noch hinter Bündnis 90/ Die Grünen, die etwa 14 Prozent erreichten. Knapp dahinter kommt die PDS, die 11,6 Prozent der Stimmen erhielt.

Großer Gewinner der U18-Wahl ist die SPD. Mit 43,6 Prozent liegt sie an der Spitze und käme zusammen mit den Grünen (13,8%) auf eine solide Regierungsmehrheit. Bei der Wahl am 22. September konnte die SPD in Berlin hingegen "nur" 36,6 Prozent der Zweitstimmen erzielen.

Ein weiterer Gewinner der U18-Wahl ist die NPD. Sie erreichte berlinweit 4,2 Prozent und liegt somit fast gleichauf mit der FDP, die 4,3 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Die sonstigen Parteien kamen auf 7,9 Prozent , darunter die Republikaner mit 1,4 Prozent und die Schill-Partei mit 1,1 Prozent. Signifikant ist auch das Abschneiden der "Feministischen Partei - Die Frauen". Immerhin 2,59 Prozent der Jugendlichen setzten ein Zeichen gegen Patriarchat und für eine "ökofeministische Weltinnenpolitik" - oder haben sich aus der Wahl einfach nur einen Spaß gemacht.

Würde es nach den Jungwählern gehen, hätte die PDS nicht einmal ihre zwei Direktmandate in Berlin behalten und wäre völlig aus dem Bundestag ausgeschieden, konnte die SPD doch alle Direktmandate in Berlin gewinnen. Den SPD-Politiker und Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses, Walter Momper, wird als Schirmherr der U18-Wahl das gute Ergebnis seiner Partei sicherlich gefreut haben. Auf der Internetseite der die U18-Wahl ausrichtenden Organisation stand er den Jungwählern unter der Rubrik "Frag Momper" Rede und Antwort. Parteipolitisch völlig neutral versteht sich.


 
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