© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/02 27. September 2002

 
Blick in die Medien
Medienaal
Steffen Königer

Es ist schon ein Unterschied, ob eine Partei aus einem Parlament zu fliegen droht - also Einschaltquote verspricht - oder ob eine Ein-Punkt-Partei um die Null-Prozent tendiert und damit eine ähnliche Quote droht. Die 1.500 Gäste bei der ultimativen PDS-Wahlparty in der Treptower "Arena" hatten schon vor der Tür einen kleinen Eindruck von dem, was sie drinnen erwartete: Fernsehkameras allerorten, Fotografen hinter jeder Säule, eine Riesenauswahl von Leitern vor der Bühne, die mehr an einen Baumarkt erinnerten. Eine kurze Nachfrage bestätigte den Verdacht, daß auf jeden Besucher ein Pressemensch kam. 700 akkreditierte Journalisten bevölkerten die Halle, umlagerten jeden PDS-Mandatsträger und erwarteten nach den ersten Hochrechnungen die erzürnten Reaktionen der Altkommunisten. Gabriele Zimmer bekam kaum Beifall, dafür waren Zwischenrufe wie "Zonen-Gabi" zu vernehmen. Als Gregor Gysi die Bühne betrat, gab es ein nettes Pfeifkonzert. Doch Gysi - ganz Medienaal und durch nichts zu erschüttern - wußte sofort, warum man mit vier Prozent vor die Wand fuhr: "Die Medien haben uns totgeschwiegen!" Ach so? Gibt es in Deutschland eine Gesprächsrunde, an welcher der "Mediengott" nicht teilnahm? Eine Zeitung, die den Karl Liebknecht für Postkommunisten nicht mindestens dreispaltig auf der Titelseite hatte? Was Heino für die Volksmusik ist, das war und ist Gysi für die Sozialisten. Alles, nur totgeschwiegen wurden er oder die PDS eben nicht. Vielleicht merkt er demnächst, was totschweigen wirklich heißt!


 
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