© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/02 04. Oktober 2002

 
PRO&CONTRA
Mobilcom weiter staatlich unterstützen?
Jürgen Hein / Manfred Willms

Ich halte die staatliche Unterstützung insbesondere von der Bundesregierung für durchaus gerechtfertigt. Nicht nur die Tatsache, daß finanzielle Hilfestellungen der öffentlichen Hand auch in der Vergangenheit durchaus üblich waren (so wurde zum Beispiel Anfang der Siebziger ein großes Industrieunternehmen in Büdelsdorf nur mit Unterstützung des Landes vor dem endgültigen Aus bewahrt), rechtfertigt das Eingreifen des Staates. Im Fall Mobilcom besteht aus meiner Sicht sogar eine Eingriffsverpflichtung für die Bundesregierung, denn sie hat letztlich durch das Versteigerungsverfahren der UMTS-Lizenzen dafür gesorgt (zumindest aus einer gewissen Monopolstellung heraus es zugelassen), daß die Mobilfunkunternehmen an den Rand der Existenz gebracht worden sind.

Ich sehe die Bundesregierung aber ebenfalls in der Verantwortung, diese Hilfe nur auf der Grundlage fundierter Restrukturierungspläne und einer zukunftssicheren Unternehmensplanung gewährt zu haben bzw. zu gewähren.

Die jetzt heftigen personellen Einschnitte bei Mobilcom machen nur Sinn, wenn das Unternehmen dadurch eine Basis für eine mittel- bzw. langfristige Zukunft hat.

Es wäre eine wirtschaftliche, aber auch menschliche Katastrophe, wenn sich die Grundannahmen für die staatliche Hilfeleistung als falsch erweisen und so nicht nur Steuergelder in immenser Höhe, sondern auch weitere menschliche Hoffnungen, Lebensplanungen und Existenzen vernichtet würden. Zu beachten ist darüber hinaus, daß die Unterstützung dem Großunternehmen Mobilcom nicht nur ca. 2.500 Arbeitsplätze unmittelbar sichern kann, sondern mittelbar eine nicht geringe Anzahl weiterer Arbeitsplätze kleinerer und mittlerer Unternehmen insbesondere aus der Region Büdelsdorf. Dies wird in der öffentlichen Diskussion allzu oft vernachlässigt.

 

Jürgen Hein ist Bürgermeister von Büdelsdorf - der Stadt, in der Mobilcom seinen Firmensitz hat.

 

 

Bei 800 Pleiten von kleinen und mittleren Unternehmen in Schleswig-Holstein allein im ersten Halbjahr 2002 mit 3.000 Beschäftigten hat sich das Land herausgehalten. Nun aber will sich der Staat bei der angeschlagenen Mobilcom AG intensiv engagieren. Das ist politisch motivierter Aktionismus und wird von den mittelständischen Unternehmern als ungerecht empfunden.

Populistisch ist auch die Aussage der Ministerpräsidentin, die engagierten Mitarbeiter von Mobilcom hätten es nicht verdient, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Haben es denn die Mitarbeiter eines ehrlichen Handwerksmeisters verdient, arbeitslos zu werden, nur weil dieser durch zahlungsunwillige Kunden in finanzielle Schwierigkeiten gekommen ist?

Für den Versuch, die Insolvenz der Mobilcom AG abzuwehren, darf es die in Aussicht gestellten Bürgschaften auf Kosten der Steuerzahler nicht geben. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, die Haftung für kaufmännische Fehlentscheidungen in Großunternehmen zu übernehmen. Es darf nicht sein, daß die Steuerzahler in Schleswig-Holstein das Risiko für Spekulationen tragen.

Bisher gibt es kein gelungenes Beispiel dafür, daß staatliche Hilfen die bevorstehende Insolvenz eines Großunternehmens dauerhaft abwenden konnten. Vielmehr haben sie notwendige Umstrukturierungen und Konsolidierungsmaßnahmen verzögert. Das war bei Holzmann, Babcock und der Maxhütte so. Wenn das Kerngeschäft von Mobilcom tatsächlich gesund ist, wie von der Landesregierung behauptet, dann braucht es keine staatliche Unterstützung. Ein geordnetes Insolvenzverfahren ist die beste Möglichkeit, tragfähige von nicht tragfähigen Unternehmensteilen zu trennen.

Der Staat muß sich auf seine Aufgaben konzentrieren: Die knappen öffentlichen Mittel müssen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eingesetzt werden, damit alle Unternehmen davon profitieren.

 

Prof. Dr. Manfred Willms ist Volkswirt und Präsident des Bundes der Steuerzahler Schleswig-Holstein.


 
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