© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/02 04. Oktober 2002

 
Kolumne
Nach der Wahl
Hans-Helmuth Knütter

Nach der Bundestagswahl haben mal wieder alle gesiegt und alle verloren. Die einen haben an Stimmen zugenommen, aber die Regierung verfehlt. Bei den anderen ist's umgekehrt. Eine typisch deutsche Situation. Alles stimmt und das Gegenteil auch.

Die größte Pleite aber haben die Rechtsparteien erlitten. Warum? Weil die Mehrheit der Wähler im Grunde konservativ gewählt hat. Sie haben denjenigen die Stimme gegeben, die möglichst wenig Veränderung versprechen. Ein geistig öder Struktur-Konservativismus. Die Rechtsparteien, die davon nicht profitiert haben, sind unterdessen derartig heruntergewirtschaftet, daß nicht einmal der ohnehin utopische Zusammenschluß etwas brächte. Auch eine "bürgerliche" Rechte gibt es nicht. Die CDU/CSU, weltanschaulich wirr, ist sich über eines einig: den Kampf gegen rechts.

Und die FDP betreibt Selbstzerfleischung. Rot-Grün ist schwach und arm im Geiste, kann sich aber behaupten, weil "die andern" noch schwächer und schlechter sind. Wirklich ? Alle Beobachter der politischen Lage bewerten die "bürgerlichen" sogenannten Konservativen mies. Sie alle folgen einem Prinzip: Ran an die Macht, rauf auf Sessel, rein in Positionen und dran, drin, drauf bleiben, koste es, was es wolle.

Ja, und das hat nun nicht geklappt. Was tun? Um Gottes Willen keine Unruhe, keine "Strategiediskussion". Das könnte ja die Partei sprengen. Eine berechtigte Furcht und zugleich ein katastrophales Zeugnis für deren inneren Zustand. Alle Grundbegriffe und Werte einschließlich des Christentums sind unklar, und so soll es wohl auch bleiben. Gewiß, Rot-Grün ist auch konzeptionslos, aber die verfügen nun mal über den Machtapparat und sind deshalb im Vorteil.

Wo ist ein Ausweg? Ralf Dahrendorf hat kürzlich an den britischen Sozialwissenschaftler Michael Oakeshott erinnert, der bereits 1951 Politik mit dem Segeln auf einem grenzen- und bodenlosen Meer verglich. "Es gibt weder einen Hafen zum Unterschlupf noch einen Meeresboden für den Anker. Wir können nur eines tun: nämlich das Schiff auf hoher See flott halten". So ist es!

Überleben wird nur, wer zukunftsoffen und nicht rückwärtsgewandt ist. Wenn die Deutschen und speziell die Patrioten das nicht kapiere..., ja, dann sind sie wirklich die Letzten von gestern. Heute Randfiguren, werden sie dann bald gar nicht mehr vorhanden sein.

 

Prof. Dr. Hans-Helmuth Knütter lehrte Politikwissenschaften an der Universität Bonn.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen