© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/02 04. Oktober 2002

 
CD: Pop
Verrocktes
Holger Stürenburg

Der als Harald Schubring geborene Ted Herold war neben Peter Kraus und Tommy Kent der erste wahre Rock'n'Roller aus deutschen Landen. Durch den für ihn typischen "Schluckauf-Gesang" klangen seine Lieder allerdings immer härter, erdiger, echter, als die oft schlagerhaften Hits der beiden Kollegen. Am 9. September feierte der aus Frankfurt/Main stammende Sänger und Entertainer seinen 60. Geburtstag. Die Firma Bear Family Records, die sich seit Jahren um die Wiederveröffentlichung von Raritäten aus der Frühzeit deutscher Pop- und Schlagermusik kümmert, erwies ihm zu diesem Anlaß ihre Referenz: Mit dem Album "Mein verrocktes, verrücktes Leben" gibt es nun erstmals die 30 wichtigsten Hits von Ted Herold auf einer CD.

Von den späten Fünfzigern, als er als Teutonen-Elvis die Herzen der jungen Wirtschaftswunder-Teenies brach, über sein Comeback in den Achtzigern als deutscher Shakin' Stevens bis hin zu eher schlagerhaftem Pop'n'Roll in der vergangenen Dekade - alles ist dabei. Los ging's 1958 - Ted Herold war kaum 16 Jahre alt - mit dem frechen "Ich brauche keinen Ring (um glücklich zu sein)" - damals ein kleiner Skandal im biederen Adenauer-Deutschland. Hit auf Hit folgte; alle paar Wochen gab es eine neue Single: zum Beispiel die romantischen Balladen "Moonlight" und "Auch Du wirst geh'n", das programmatische "Ich bin ein Mann" oder verschiedene Coverversionen amerikanischer Rock'n'Roll-Standards wie "Little Linda" (Original: "Little Sister"), "Ich bin ein Wanderer" ("The Wanderer"), "Zurück an Johnny" ("Return to Sender") oder "Da Doo Ron Ron".

Doch 1963 war Schluß. Die Beatles eroberten die Musikszene, deutscher Rock'n'Roll war alles andere als angesagt. Ted Herold zog sich aus dem Showgeschäft zurück, lernte - wie er sagte - einen "ordentlichen Beruf" und schloß seine Ausbildung als Radio- und Fernsehtechniker mit der Meisterprüfung ab.

1978 erhielt Ted Herold aus heiterem Himmel einen Anruf von Udo Lindenberg, der ihn fragte, ob die beiden nicht zusammen ein Lied aufnehmen wollten. "Teddi" hieß die Hommage auf Udos 79er-LP "Panische Nächte". Das Rock'n'Roll-Revival jener Tage - mit Shaky und Matchbox, Dave Edmunds und den Stray Cats - tat das übrige dazu, daß Ted Herold plötzlich wieder ganz oben mit dabei war. Lindenberg besorgte seinem Idol einen Vertrag bei seiner damaligen Plattenfirma TelDec und Herold selbst tat sich mit dem erfolgreichen Produzentenduo Django Seelenmeyer/Ulf Krüger zusammen. Es folgte eine ansprechende Single nach der anderen, gehalten im guten alten Stil zwischen Rockabilly, Rhythm'n'Blues und purem Rock'n'Roll. So gab es 1980 "Rockabilly Willy" (die deutsche Fassung des damaligen Matchbox-Krachers "Rockabilly Rebel") und - passend zum Bundestagswahlkampf im Herbst '80 - "Rock'n'Roll for President". Kurz darauf folgte "Bill Haley", eine augenzwinkernde und mitreißende Ode auf den weißen Rock'n' Roller, der kurz vor Erscheinen der Single verstorben war. Ende 1981 zog Ted Herold mit dem gelungenen E.L.O.-Cover "Gib Dein Ziel niemals auf" ("Hold on Tight") sogar in die Top 30 der deutschen Singlehitparaden ein. Bis in die neunziger Jahre hinein erschienen weiterhin Platten von ihm, auch wenn diese nur noch mäßig erfolgreich waren.

"Mein verrocktes, verrücktes Leben" gibt einen guten Überblick über die Karriere eines der wichtigsten deutschen Rockmusiker. Die Lieder auf der CD sind liebevoll zusammengestellt und von überzeugender Klangqualität, das Beiheft enthält informative Erläuterungen. Der Freund guter, schneller, tanzbarer und eingängiger Rock'n'Roll-Klänge mit deutschen Texten kann also getrost zugreifen.


 
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